Ist mein Kinderwunsch echt? So findest du es heraus

Will ich ein Kind oder nicht? Wir stellen uns der Mutter aller Fragen.

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„Will ich ein Kind oder nicht?“ – eine der wohl größten Fragen im Leben eines Menschen. Mögliche Antworten darauf finden wir im Gespräch mit Anna Schmutte, die zu diesem Thema eigene Seminare anbietet.

Irgendwann zwischen 25 und 35 gibt es diese magische Grenze, ab der sich alles verändert. Wo sich die allgemein erwünschte Reaktion auf einen positiven Schwangerschaftstest plötzlich von „Oh, Mist!“ zu „Herzlichen Glückwunsch!“ verändert. Wo nach Jahren der postadoleszenten Sinnsuche plötzlich alle ganz genau wissen, was sie wollen: ein Baby.

Was, wenn (nicht)? „Wirst schon sehen, irgendwann kommt der Zeitpunkt, da weißt du’s einfach“, hört man als Frau von Groß-, Stief- und ganz allgemein Müttern regelmäßig. Gemeint ist: spätestens dann, wenn die biologische Uhr das Ruder übernimmt und in die Wege leitet, was in unserer Gesellschaft als ursprünglichster weiblicher Daseinszweck angesehen wird. Doch was, wenn dieser Wunsch mit Mitte 30 immer noch nicht da ist? Oder wenn ich zwar ein Kind möchte – aber mir nicht zu 100 Prozent sicher bin, sondern vielleicht nur zu 78 Prozent?

Um Frauen in der Beantwortung dieser Fragen zu unterstützen, haben die Berlinerinnen Anna Schmutte und Sarah Diehl das Seminar „Will ich Kinder?“ ins Leben gerufen. Wir haben Anna Schmutte gefragt, wann man sich seiner Entscheidung wirklich sicher sein kann – und warum das Thema Reue dabei oft eine kleinere Rolle spielt, als man vielleicht denkt.

Es wird dir als Frau nicht leicht gemacht, dich gegen Kinder zu entscheiden.

Anna Schmutte
Anna Schmutte ist Psychotherapeutin, Mutter und hat gemeinsam mit Sarah Diehl das Seminar „Die Kinderfrage“ ins Leben gerufen. © Nane Diehl

Ein Seminar zum Thema „Will ich Kinder?“ –da würden jetzt wahrscheinlich viele sagen: „Wenn du dir so unsicher bist, lass es lieber gleich.“ Was sagen Sie dazu?

Anna Schmutte: Das ist Quatsch, weil der Kinderwunsch oder Nicht-Kinderwunsch von so vielen Faktoren beeinflusst wird. Da ist zum Beispiel die gesellschaftliche Erwartung an Frauen, Kinder zu bekommen – die lässt dir ja eigentlich kaum noch eine Wahl, weil du bei einem Nein das Gefühl hast, dich in eine Außenseiterrolle zu bringen. Das sagen zumindest einige unserer Teilnehmerinnen immer wieder: „Ich fühle eigentlich eher ein Nein, aber ich habe Angst. Angst, dass ich dadurch den Anschluss verliere, dass ich dann im Alter allein bin, dass ich komisch angeguckt werde oder dass ich es später vielleicht bereue.“

Es wird dir als Frau nicht leicht gemacht, dich gegen Kinder zu entscheiden. Und insofern finde ich das schon mal sehr verständlich, dass Zweifel aufkommen. Da geht es oft gar nicht so sehr um die Frage: „Habe ich Lust auf ein Kind?“, sondern vielmehr auch um die Umstände: die unentgeltliche Care-Arbeit, die von dir als Frau erwartet wird, die finanziellen und beruflichen Auswirkungen oder auch die Konsequenzen für die eigene Beziehung. Man hat als Mutter ein erhöhtes Risiko, in der Altersarmut zu enden. Es kann passieren, dass man einen Karriereknick erlebt und keinen Rentenausgleich bekommt. Frauen mit Kindern haben im Laufe ihres Lebens 50 Prozent weniger Gehalt als Männer, egal ob mit oder ohne Kinder. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.

Ich finde es unmöglich, dass man Müttern abverlangt, im Sinne der „Mutterliebe“ alles fraglos zu erdulden. Dieses erhöhte Mutterideal ist im Übrigen auch ein Grund, warum ganz viele Frauen Angst vor der Mutterschaft haben. Natürlich gibt es auch viele tolle Männer, die bereit sind, Vaterschaft verantwortungsbewusst und gleichberechtigt zu leben, aber gesamtgesellschaftlich haben wir trotzdem noch eine wahnsinnige Schieflage, was die Verteilung der Care-Arbeit und der Finanzen angeht. Und es ist nur klug, wenn Frauen sich all diese Dinge bewusst machen und in ihre Entscheidung einfließen lassen.

Also sollte der Kinderwunsch eher eine Kopf- als eine Bauchentscheidung sein?

Idealerweise ist es eine Bauch-, Kopf- und Herzensentscheidung. Und genau das wollen wir mit unserem Seminar bezwecken: dass man auch den Kopf einschaltet, um am Ende dem Bauch vertrauen zu können. Und der sagt bei vielen Frauen: „Nein.“ Es stimmt nicht, dass die Bauchentscheidung bei jeder Frau immer nur „Ja“ ist und sie einfach nur zu verkopft ist, um ihr biologisches Schicksal anzunehmen. Das ist eine manipulative Sichtweise. Ich finde, es sollte keine verkopfte Angelegenheit sein, aber unser Seminar soll eben auch dabei helfen, Frauen oder Paare aus ihrem Kopf rauszubekommen und zu dem Gefühl zurückzubringen. „Möchte ich das wirklich? Worauf habe ich Lust?“ Das sind für uns die zentralen Fragen.

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Wann weiß ich, dass ich genug darüber nachgedacht habe, um diese Entscheidung zu treffen?

Ich denke, es gibt den Zeitpunkt, wo man alle denkbaren Szenarien durchgespielt und sich die Faktoren bewusst gemacht hat, die in der Entscheidung eine Rolle spielen. Dazu gehört zum Beispiel die finanzielle oder die partnerschaftliche Ausgangslage. Und wenn man über all diese Sachen nachgedacht hat, kann man sagen: Okay, der Nachdenkpart ist jetzt erledigt – jetzt gucke ich mir mal an, welche Gefühle bei mir bezüglich Kindern hochkommen und wann diese eindeutig genug sind, um meine Entscheidung zu treffen.

Man kann das auch in kleinen Schritten „ertasten“. Wie fühlt es sich an, in meine Tinder-Bio zu schreiben, dass ich Kinder möchte? Wie fühlt es sich an, die Verhütung abzusetzen oder mir die Spirale für weitere fünf Jahre einsetzen zu lassen? Macht mich das traurig oder bin ich eher erleichtert, dass ich mir den Weg in Richtung meiner Nein-Entscheidung ebne?

Das ist ein praktisches Verfahren, das ich auch bei mir selbst angewandt habe. Ich war sehr lange ambivalent in der Kinderfrage, bis in meine Vierziger. Und selbst als ich dann schwanger geworden bin, habe ich mir noch die Frage gestellt: Will ich das jetzt wirklich? Dann habe ich mir nochmal Beratung zur Seite geholt und festgestellt: Das alles ist nicht ohne Grund passiert; ich wollte das bis hierher. Ich traue mich das jetzt. Und das war für mich dann auch die richtige Entscheidung.

Wie gehen Sie in dem Seminar vor?

Wir haben vier Themenblöcke. Im ersten geht es um die Frage: Wie stelle ich mir mein Leben vor? Da entwerfen wir ganz konkret Zukunftsszenarien mit oder ohne Kind. Dann gibt es den Part der Körperübungen, wo wir versuchen, in den Körper hineinzuspüren und dort eine gute, ausbalancierte Instanz zu finden. Hier steht die Frage im Zentrum: Was möchte ich eigentlich?

Im dritten Modul geht es um die Frage: Was sind meine eigenen Bedürfnisse und was wird von außen an mich herangetragen? Und wie gut kann ich meinen Standpunkt nach außen vertreten, auch wenn jemand etwas anderes sagt?

Im vierten Modul geht es um den biografischen Aspekt – um die Herkunftsfamilie, die Erfahrungen und Prägungen durch das direkte Umfeld. Wir sprechen dabei auch über Ängste oder Glaubenssätze, die in unseren Köpfen herumgeistern und unser Handeln unbewusst mitbestimmen, Dinge wie: „Angesichts der Weltlage darf ich gar kein Kind in die Welt setzen.“ Oder: „Ich bin ja viel zu egoistisch für ein Kind.“

Zu guter Letzt überlegen wir, welche konkreten, realen Schritte man angesichts all dieser Erkenntnisse einleiten kann. Beispielsweise, indem man offen mit dem:der Partner:in über die Aufteilung der Care-Arbeit spricht und dadurch eine bessere Entscheidungsgrundlage bekommt.

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Wie hoch schätzen Sie die Gefahr ein, dass man seine Entscheidung später bereut?

Natürlich ist es eine lebensverändernde Entscheidung. Gleichzeitig ist es wichtig, darauf zu vertrauen, dass man sich mit den Konsequenzen – wie auch immer sie sein mögen – arrangieren wird und das Beste daraus macht. Vielleicht gibt es auch den einen oder anderen Moment, wo eine kinderlose Frau in ihren Fünfzigern kurz Wehmut befällt und sie sich fragt, was wohl gewesen wäre, wenn sie ein Kind bekommen hätte.

Und sicherlich denken sich manche Mütter irgendwann: Wie wäre mein Leben jetzt ohne Nachwuchs? Wenn es bei diesen Gedanken um konkrete unerfüllte Bedürfnisse geht, kann man sich ja gezielte Lösungen überlegen – zum Beispiel, wenn ich als Mutter den Wunsch nach mehr Freizeit habe. Umgekehrt hat man natürlich auch als alleinstehende Frau immer noch die Möglichkeit, soziale Netzwerke zu pflegen und dabei auch mit Kindern in Kontakt zu treten, sofern man das möchte.

Das erhöhte Mutterideal ist ein Grund, warum viele Frauen Angst vor der Mutterschaft haben.

Anna Schmutte

Im Seminar geht es auch um die Frage, ob man ein zweites Kind bekommen möchte. Interessant, denn: Spricht man übers Kinderkriegen, geht man immer vom Plural aus.

Ja, es gibt einige Frauen und auch Paare, die mit dieser Frage zu uns kommen. Und die Beschäftigung damit kann durchaus genauso aufreibend und anstrengend sein wie die Entscheidung, ob man überhaupt Nachwuchs möchte. Hier geht es natürlich einerseits darum, ob ein zweites Kind finanziell und zeitlich realisierbar ist, andererseits auch um abstrakte Ängste wie: Können wir das unserem ersten Kind gegenüber verantworten, wenn es Einzelkind bleibt? Es gibt immer noch das Stigma, dass ein Einzelkind nichts Gutes sei. Dabei ist es durchaus möglich, auch als Einzelkind eine glückliche Kindheit zu erleben.

In Bezug auf Zwillinge habe ich einmal den Satz gehört: „Ist doch super, da hat man das Kinderthema gleich erledigt.“

Ja, so denken leider ganz viele. Deshalb finde ich es umso wichtiger, sich zu überlegen: Will ich das denn überhaupt? Warum nicht nur ein Kind?

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Haben Sie abschließend noch einen Rat für Frauen, die sich gerade mit der Kinderfrage beschäftigen?

Ich kann nur dazu raten, sich möglichst viel mit anderen auszutauschen. Nicht nur im voreingenommenen familiären oder freundschaftlichen Umfeld, sondern auch mit Außenstehenden, neutralen Personen, die vielleicht gerade in einer ähnlichen Situation sind. Denkt darüber nach, spürt in euch hinein. Verbringt Zeit mit Menschen, die Kinder haben, und versucht, euch in dieser Rolle zu sehen. Setzt euch aktiv mit dem Thema auseinander und achtet bewusst darauf, wohin euch eure Tendenz führt.

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Mehr über die Autorin dieses Beitrags:

Stellvertretende Chefredakteurin und Redakteurin für Style, Beauty und Gesundheit der TIROLERIN, Andrea Lichtfuss
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Andrea Lichtfuss ist Stv. Chefredakteurin der TIROLERIN und für die Ressorts Beauty, Style und Gesundheit zuständig. Sie mag Parfums, Dackel und Fantasyromane. In ihrer Freizeit findet man sie vor der X-Box, beim Pub-Quiz oder im Drogeriemarkt.

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