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Gegen den Strom: Up Stream Surfing in Tirol im Test

Wer sagt, dass man zum Surfen ein Weltmeer braucht? Ein Innsbrucker Start-up beweist mit seinem innovativen System das Gegenteil – und unsere Redakteurin Leonie Werus hat sich in die Fluten gestürzt.

5 Min.

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Zugegeben, für gewöhnlich würde ich diesen Samstagvormittag anders verbringen. Im Warmen. Im Trockenen. Oder zumindest: in meiner Komfortzone. Was ich heute vorhabe, ist nichts von alledem. Doch absagen? Keine Option. Dafür steht Up Stream Surfing schon viel zu lange ganz oben auf meiner Bucketlist und der Saisonstart rot im Kalender.

Also bin ich hier, auf einem Bein hüpfend. Einen feuchten Neoprenanzug anzuziehen ist nämlich ungefähr so, wie den Anfang einer Frischhaltefolie zu finden: erst scheinbar unmöglich, aber irgendwann klappt’s doch.

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Fehlen nur noch die passenden Schuhe, der Helm, nach einem ausführlichen Sicherheitsgespräch sowie einer kurzen Aufwärmeinheit geht’s ab in den Inn. Der ist hier am Airport Reef, wie sich die Bucht im Osten von Innsbruck nennt, zwar nicht so reißend, wie er scheint, aber dennoch ein fließendes Gewässer. Darum steht Sicherheit an erster Stelle, alle Teilnehmenden bekommen eine Restube-Boje, die sich im Notfall aufbläst, und werden durch erfahrene Surfcoaches mit Rettungsschwimmerausbildung begleitet.

Auf In(n)s Abenteuer.

„Einfach nicht darüber nachdenken“, lautet die Devise, als wir ins Wasser waten. Im ersten Moment bin ich überrascht von der Kälte, frische 15 Grad Wassertemperatur sind für Frostbeulen wie mich auch mit Neoprenanzug nichts Alltägliches. Wir bekommen ein erstes Gefühl für die Strömung und merken, dass der Ausstieg aus dem Fluss gar nicht so schwierig ist, wie befürchtet. Auf dem Surfbrett ist das Kälteempfinden schnell vergessen, bei all den Dingen, die es zu beachten gilt.

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Unsere Redakteurin Leonie Werus beim Up Stream Surfing. © Up Stream Surfing

Beim Up Stream Surfing gibt es kein Segel, stattdessen hängt man vorerst mit einem Seil an einer Brücke, wo wir lernen, unsere Boards zu kontrollieren, zu steuern, und wenn es gut läuft, sogar aufzustehen. Schnell wird klar: Was bei unserem Coach Kathi aussieht, als wäre es die einfachste Sache der Welt, erfordert viel Übung, Körperspannung und Balance. Schon auf dem Brett zu knien ist ein kleines Erfolgserlebnis – und ein paar Sekunden lang schaffe ich es beim dritten Anlauf sogar, auf beiden Beinen zu stehen.

Surfen für alle.

Das Surfen im Inn lasse sich besser mit Wakeboarden vergleichen als mit klassischem Wellenreiten, doch der Schnupperkurs sowie der Up-Stream-Anfängerkurs seien ebenso ideal für alle, die noch nie auf einem Brett gestanden haben, wie Michael Strobel erzählt. Gemeinsam mit seinem Co-Founder Andreas Trapp hatte er im Jahr 2016 die Idee, auf umweltfreundliche Art und Weise in den Städten zu surfen. „Unser Konzept ist für alle Levels geeignet. Ob Anfänger:in, Fortgeschritten oder Profi – jede:r soll die Chance haben, das Surfen zu lernen.“

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Nach mehr als 20 Prototypen waren die beiden endlich zufrieden mit ihrem mittlerweile patentierten System und kündigten kurze Zeit später ihre Jobs, um sich vollends auf ihre Mission zu konzentrieren: nachhaltige Surflösungen mitten in den Städten zu etablieren – besonders dort, wo man nicht mal eben ans Meer fahren kann. „Wir haben noch viel vor, doch mit dem Up-Stream-System konnten wir einen kleinen Teil unserer Mission bereits erfüllen, 2018 haben wir den weltweit ersten Standort in Innsbruck eröffnet und sind stolz darauf, den Menschen das Surfen mitten in Innsbruck mit unserer Surfschule näherzubringen.“

Und das funktioniert so: Mithilfe eines Flaschenzugsystems und eines Unterwassersegels wird die Flussgeschwindigkeit zur Beschleunigung des Boards genutzt. Ein Segel, zwei Surfer:innen und ein Seil, mehr braucht es nicht, um mit der natürlichen Kraft des Flusses, CO2-neutral und ohne bauliches Eingreifen gegen den Strom zu surfen.

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Adrenalinkick mit Suchtfaktor.

Nach ein paar Versuchen am statischen Seil darf ich mein „Können“ am eigentlichen Highlight der Anlage unter Beweis stellen, das dem Up Stream Surfing seinen Namen verleiht, und werde rund 300 Meter flussaufwärts gezogen. Denn: Das Seil ist diesmal mit einem Schwimmkörper verbunden, was wichtig für die Flaschenzugkonstruktion ist. Sobald das Board an Fahrt aufnimmt – bis zu 30 km/h sind möglich – ist es zwar nur eine Frage der Zeit, bis ich wieder in Richtung Ufer paddle, doch das ist es wert.

Ich spüre das Adrenalin, möchte es am liebsten gleich nochmal versuchen. Wie elegant das Ganze aussieht, sei dahingestellt. Aber das ist auch egal. Ich jedenfalls hatte eine Menge Spaß – und bin mehr als froh, meine Komfortzone für diesen besonderen Vormittag verlassen zu haben.

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Surfen in Innsbruck.

  • Am Airport Reef gibt es Surfkurse für Anfänger:innen, Fortgeschrittene oder auch Gruppen, für Ausrüstung und Leihmaterial ist gesorgt. Wer Teil der neu gegründeten Upstream Surfing Community wird, kann für eine einmalige Mitgliedsgebühr jederzeit vorbeikommen und lossurfen.
  • Alle Infos unter: upstreamsurfing.com
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Geschäftsführer Michael Strobel bringt mit seinem Start-up ein Stück Strandflair nach Innsbruck. © Up Stream Surfing

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MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS:

Leonie Werus, Redakteurin für die Ressorts Genuss, Wohnen und Freizeit bei der TIROLERIN
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Leonie Werus betreut die Ressorts Genuss, Wohnen und Freizeit. Sie ist ein echter Workhaholic und weiß es jede Minute gut für sich zu nutzen. Mit ihren Airfryer, liebevoll Fritti genannt, probiert sie gerne neue Rezepte und versucht nebenbei das TIROLERIN-Team zum Sport zu motivieren – meist leider vergeblich.

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