Beauty-Wahn auf Social Media

Gefährlich gefiltert.

7 Min.

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Makellose Gesichter, perfekte Körper: Schönheitsideale auf Social Media sorgen bei Kindern und Jugendlichen für Unzufriedenheit, Neid und schlimmstenfalls sogar für ein gestörtes Selbstbild. Eine aktuelle Studie bestätigt diesen gefährlichen Trend.

Wenn man sich auf Instagram, TikTok & Co. umsieht, kann einem das eigene Leben sehr schnell sehr langweilig vorkommen und auch das eigene Aussehen vollkommen unzulänglich erscheinen. Dabei regiert auf Social Media meist der Schein. Es ist nicht umsonst die Welt der schönen Bilder. Alles ist perfekt in Szene gesetzt, wo es nicht passt, wird mit Filtern nachgeholfen – manchmal bis zur Unkenntlichkeit. 

Besonders Kinder und Jugendliche sind sehr empfänglich für diese äußeren Einflüsse und orientieren sich verstärkt an Idealbildern. Ist das Selbstbild noch sehr fragil und die eigene Identität noch nicht gefestigt, kann sogar ein gestörtes Körperbild die Folge sein. Eine aktuelle Studie zum Thema „Schönheitsideale im Internet“, für die 400 österreichische Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren befragt wurden, bestätigt diesen Trend. Der überwiegende Teil fühlt sich durch die omnipräsenten idealisierten Körperbilder im Netz großem Druck ausgesetzt. Mehr als die Hälfte der Befragten würde gern etwas am eigenen Aussehen ändern, mehr als ein Viertel hat sogar schon einmal über eine Schönheitsoperation nachgedacht. 

Ergebnisse, die auch Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm erschrecken. „Es braucht mehr Realität statt Fake-Fotos in den sozialen Medien, um das Selbstbewusstsein junger Menschen zu stärken“, sagt sie. „Ob Pickel oder Cellulite – alle sind gefordert, ehrlicher mit dem eigenen Aussehen umzugehen.“ Plakolm selbst geht übrigens mit gutem Beispiel voran und ist ungeschminkt zur Präsentation der Studie erschienen. 

Gefährliche Vergleiche

Wie gefährlich digitale Medien sein können, beschreiben auch Roland Mader und Oliver Scheibenbogen in ihrem neuen Buch „Always on – Verführung und Gefahr digitaler Medien“ (siehe Buchtipp). Ein Kapitel widmen die beiden Suchtexperten vom Anton Proksch Institut in Wien Social Media und dem Schönheitswahn. Denn soziale Medien sind prädestiniert dazu, sich ständig zu vergleichen. Dabei sind die anderen immer schöner, besser, erfolgreicher, beliebter. Selbst fühlt man sich unzulänglich oder minderwertig. Solche Vergleiche können zu Neid, Unzufriedenheit und einem niedrigen Selbstwert führen. „Außerdem bewirken derartige Vergleiche, dass man seine eigenen Stärken und Fähigkeiten nicht mehr wertschätzt“, so die Autoren. „Die Folge ist ein verzerrtes Selbstbild.“

Redakteurin Nicole Madlmayr und Chefredakteurin Ulli Wright machen Selfie mit Filter.
SELBSTTEST IN DER REDAKTION. Nicole Madlmayr und Ulli Wright mit dem „Bold Glamour“-Filter von TikTok. © Privat

Perfekt inszeniert. 

Besonders problematisch sei, dass Influencerinnen in ihren Postings scheinbar Alltägliches zeigen, das jedoch perfekt inszeniert und ins rechte Licht gerückt ist. „Die mit viel Aufwand und allerhand Tricks erzeugte Illusion des Alltäglichen ist deswegen so gefährlich für junge Frauen, weil sich dadurch der Referenzwert verschiebt“, betonen Mader und Scheibenbogen im Buch. „Perfekt geschminkt und gestylt aus dem Bett zu steigen wird zum neuen Standard, der aber unerreichbar bleibt.“

Die Wissenschaft bestätigt mittlerweile bereits, dass der ständige Aufwärtsvergleich junger Frauen ihrem Körperbild auf lange Sicht nicht guttut. Je häufiger und intensiver Userinnen Instagram & Co. nutzen, desto eher neigen sie zur Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, zu einem geringen Selbstwertgefühl und langfristig sogar zu depressiven Symptomen. Verstärkt wird diese Problematik durch das Optimieren des Aussehens mithilfe von Filtern. Nicht immer ist eindeutig erkennbar, ob ein Foto oder Video manipuliert wurde oder ob die Person darauf tatsächlich so attraktiv ist. 

Redakteurin Nicole Madlmayr und Chefredakteurin Ulli Wright machen Selfie ohne Filter.
Die zwei Redakteurinnen in natura ohne Filter 🙂 © privat

Ob Pickel oder Cellulite – alle sind gefordert, ehrlicher mit dem eigenen Aussehen umzugehen.

Claudia Plakolm, Jugendstaatssekretärin
Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm geht mit gutem Beispiel voran und ist ungeschminkt zur Pressekonferenz erschienen.
Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm geht mit gutem Beispiel voran und ist ungeschminkt zur Pressekonferenz erschienen. © Christopher Dunker

Auch 71 Prozent der befragten Jugendlichen bestätigen, dass die in den sozialen Netzwerken konsumierten Bildern dazu führen, dass man sich mit anderen vergleicht. Mehr als ein Viertel betont die negativen Folgen und gibt an, sich nach dem Scrollen durch diverse Social-Media-Feeds schlecht zu fühlen. 

Vorlage für den Beauty-Doc. 

Laut Roland Mader und Oliver Scheibenbogen werden Fake- oder Deepfake-Fotos sogar als Vorlage für Eingriffe bei Schönheitschirurgen herangezogen. Aus diesem Grund sind zum Beispiel in den USA und in Großbritannien Gesetze in Ausarbeitung, die es verbieten, mit „gefilterten“ Selfies zum Schönheitschirurgen zu gehen. Eine Entwicklung, die sehr deutlich zeigt, wie weit die Manipulation des eigenen Äußeren mittlerweile verbreitet ist und welch großer psychischer Druck entstehen kann. Nicht umsonst berichtet auch jeder zweite Schönheitschirurg, dass Patientinnen und Patienten Operationen in Anspruch nehmen, um so auszusehen, wie auf den „gefilterten“ Selfies in den sozialen Medien. 

Nutzungsdauer kontrollieren. 

Um Kinder und Jugendliche bestmöglich zu schützen, raten die beiden Experten, Social Media maximal 30 Minuten pro Tag zu nutzen und die Nutzungsdauer in den Einstellungen zu kontrollieren. Außerdem sollte man Push-Nachrichten deaktivieren, weil diese dazu verleiten, immer wieder online zu gehen – in der Angst, sonst etwas Wichtiges zu verpassen (Stichwort „FOMO – Fear of Missing Out“).  Besonders gefordert sind – neben Lehrkräften und Onlineplattformen – auch Eltern. „Sie spielen eine Schlüsselrolle dabei, Jugendliche im Umgang mit Schönheitsidealen im Internet zu unterstützen und ein gesundes, körperbezogenes Selbstbild zu fördern“, erklärt Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Safer-internet.at. „Die Jugendlichen selbst sehen die Familie als entscheidenden Ort der Aufklärung und betonen, dass der Umgang mit diesen Idealen primär von den Eltern erlernt werden sollte.“

Das können Eltern tun:

Im Internet ist der Druck, den Schönheitsideale erzeugen, besonders hoch. Filter, Bildbearbeitungstools und bewusste Inszenierung vermitteln ein unrealistisches Körperbild und können zu unerreichbaren Ansprüchen an das eigene Aussehen führen. Darum ist es wichtig, Kinder und Jugendliche im Umgang mit Schönheitsidealen auf Social Media zu unterstützen und ihnen zu helfen, ein positives Körperbild zu entwickeln. 

Das können Eltern laut Experten der Onlineplattform safer-internet.at tun:

• Vorbildwirkung wahrnehmen: Eltern spielen eine Schlüsselrolle, wenn es um die Vermittlung eines gesunden Schönheitsempfindens geht. Achten Sie darauf, wie Sie Kritik äußern und vermeiden Sie Abwertungen! Komplimente sind wichtig, heben Sie dabei aber auch die inneren Werte Ihres Kindes hervor und loben Sie nicht nur sein Äußeres.

 Eigenen Medienkonsum reflektieren: Wie gehen Sie selbst mit Inhalten um, die Sie (negativ) beeinflussen? Mögliche Strategien: Konten entfolgen, die Stress verursachen, oder aktiv nach Inhalten suchen, die einem guttun.

• Druck herausnehmen: Helfen Sie Ihrem Kind, die Diskrepanz zwischen bearbeiteten Bildern und Realität zu erkennen, indem Sie die Inhalte im Netz gemeinsam kritisch hinterfragen. Auch gemeinsame Social-Media-Pausen können helfen, Abstand von stressigen Inhalten zu bekommen.

• Einstellungen in sozialen Netzwerken vornehmen: Zeigen Sie Ihrem Kind, wie sich die Einstellungen nutzen lassen, um weniger Zeit auf Social Media zu verbringen und Inhalte zu beschränken, die nicht guttun. Schritt-für-Schritt-Anleitungen gibt es auf der Website.

• Medienkompetenz stärken: Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, die Mechanismen von sozialen Medien und Influencern zu verstehen und kritisch zu hinterfragen. Besprechen Sie die Möglichkeiten der Bildbearbeitung und Filter und woran man sie erkennt. Erklären Sie, wie man Onlinewerbung erkennt und wie uns Algorithmen beeinflussen. 

Mehr Infos: www.saferinternet.at

"Always on - Verführung und Gefahr digitaler Medien", Dr. Roland Mader/Mag. Dr. Oliver Scheibenbogen, maudrich Verlag, € 23,50
© maudrich Verlag

Buchtipp:

„Always on – Verführung und Gefahr digitaler Medien“, 

Dr. Roland Mader/Mag.Dr. Oliver Scheibenbogen, 

maudrich Verlag, € 23,50

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