Macht Töpfern wirklich glücklich? Wir haben es getestet
Ein Tag im Töpfer-Workshop von Christine Mittermayr und Kerstin Kranawetter im Mühlviertel.
© privat
Für den Workshop „Im Tun begreifen“ von Keramikerin Christine Mittermayr
(Textpoterie) und Psychologin Mag. Kerstin Kranawetter tauschte Redakteurin Laura Zapletal einen Tag lang Laptop und Büro gegen Porzellanmasse und Wohnzimmeratmosphäre. Warum man im Tun wirklich viel begreift und wieso jeder in seinem Leben einmal getöpfert haben sollte, erzählt sie im Selbstbericht.
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Hätte mir vor ein paar Jahren wer gesagt, dass getöpferte Schälchen, Tassen und Schüsseln eines Tages meinen Puls erhöhen und meine „Will-haben“-Funktion aktivieren, hätte ich darüber geschmunzelt. Heute bereitet mir der Anblick meiner durchaus beachtlichen Porzellansammlung ein Lächeln.
Man kann sich also vorstellen, wie mein Gemütszustand ausgesehen hat, als ich erfahren habe, dass es für mich zu einem Töpferkurs der besonderen Art ins Mühlviertel geht. Voller Vorfreude machte ich mich auf ins beschauliche Neufelden, wo Christine Mittermayr, Geschäftsführerin von „Textpoterie“ und Psychologin Kerstin Kranawetter seit ein paar Jahren im Hartlschusterhaus Keramik-Workshops mit begleitendem Resilienztraining anbieten.
Was Töpfern mit Resilienz zu tun hat?
So einiges, wie ich im Laufe des Workshops erfahren werde. Aber dazu später mehr. Bevor es für mich und die anderen sieben Kursteilnehmer in die erste Workshop-Session ging, stärkten wir uns noch am süßen Büffet, das – wie sollte es anders sein – auf Geschirr made by Textpoterie drapiert war. Mein sechster Töpfer-Sinn war damit endgültig geweckt.
vorstellrunde anhand des Schlüsselbundes
Zunächst aber starteten wir mit einer kleinen Vorstellrunde. Dabei baten Kerstin Kranawetter und Christine Mittermayr, die beide ausgebildete Resilienztrainerinnen sind, uns anhand unseres Schlüsselbundes vorzustellen. „Unser Schlüsselbund erzählt viel über uns. Er gibt preis, wo wir wohnen, welches Auto wir fahren, aber oft auch welchen Hobbys wir nachgehen“, so Kranawetter.
Mit Töpfern zum Flow-Zustand
Nach einer kurzen Einführung ins Thema Resilienz und einem „Crash-Kurs“ in die Töpferkunde von Christine Mittermayr machten wir uns motiviert an unser erstes Projekt: dem Töpfern eines Glücksschälchens. Während ich die Porzellanmasse so vor mich hinformte, merkte ich, wie ich in mein gewohntes Muster abtriftete. Zu unförmig, zu rissig, zu unperfekt – das Gefühl von Frust stieg in mir auf und drohte, meine Freude über das Getöpferte zunichte zu machen.
„Auch das ist Teil des Workshops. Töpfern fördert die Kreativität, aber auch die seelische Widerstandsfähigkeit, sprich die eigene Resilienz. Wir stärken sie unter anderem, indem wir lernen, unsere Flexibilität zu erweitern und die Intensität unserer Gefühle zu regulieren“, so Kranawetter. Ich nahm mir ihre Worte zu Herzen, atmete tief durch und siehe da: nach einem kurzen Töpfer-Tief und der Akzeptanz der Tatsache, dass mein Schälchen sowohl einer wunderschönen Muschel als auch ansehnlichen Dim-Sum glich, setzte die Freude über das Töpfern wieder ein und ich fand mich in dem berühmt berüchtigten Flow-Zustand wieder. So tief, dass ich nicht mal bemerkte, dass ich zu den letzten aktiven Töpferinnen am Tisch gehörte.
Mittagssuppe – serviert in selbstgetöpferten Schüsseln
Im Anschluss stand wieder Theorie auf der Agenda. Kerstin Kranawetter brachte uns die wichtigsten Resilienzfaktoren näher, bevor es zu Mittag wieder zurück an den Esstisch ging, wo die Töpferutensilien mittlerweile köstlicher Linsensuppe gewichen waren.
„Mit Essen können wir uns bewusst Auszeiten setzen, die uns auf allen Ebenen stärken. Deshalb ist es umso wichtiger, es mit allen Sinnen zu genießen“, verrät die Psychologin und Resilienztrainerin.
Töpfern eines GLücks-Bechers
Gut gestärkt ging es in das Nachmittagsprogramm, wo es unter anderem um Seifenblasen-Momente und ideale Tage ging. Allzu viel möchte ich nicht verraten, falls jemand meiner Herzensempfehlung nachgehen und an einem der Workshop-Termine der beiden teilnehmen möchte. Nur so viel sei verraten: Wir durften uns ein weiteres Mal an die Keramikmasse wagen. Das Projekt: ein Glücks-Becher, der mit unserem Lieblingswort geziert ist.
„Mit jedem Schluck sollen damit künftig wunderschöne Erinnerungen und Glücksgefühle freigesetzt werden“, so Mittermayr. Nach einem holprigen Start (ich werde Tassen und Becher nie wieder für selbstverständlich nehmen) schaffte ich es – dank dem geduldigen Beistand von Christine – zu meinem persönlichen Trinkkunstwerk, das ich auf meinen Lieblingsort „Palma“ taufte. Aus der restlichen Masse kreierte ich eine weitere Schüssel, bis die Zeit gekommen war, Abschied von den Töpferutensilien und unserem Geschirr zu nehmen – zumindest fürs Erste …
Nach dem TÖpfern ist vor dem Genuss
Denn es stand noch ein letzter genussvoller Punkt auf der Agenda: ein Abendessen in Helmut Rachingers Haubenlokal, dem „Fernruf 7“, wo wir den Tag beendeten, wie wir ihn begonnen haben – mit allen Sinnen.
Mein Fazit
Wer etwas über sich erfahren möchte, sollte zu töpfern beginnen. Selten war ich so nah bei mir wie in diesem Workshop. Und ja, Töpfern macht wirklich glücklich, auch wenn man vielleicht zuvor sich selbst und seine Gefühle überwinden muss. Lohnen tut es sich allemal! Anmerkung: Dieser Text entstand in enger Zusammenarbeit mit meinem „Palma“-Becher.
Save The Date
Der nächste Töpfer-Workshop mit Christine Mittermayr und Kerstin Kranawetter findet am 5. Oktober 2024 statt. Infos und Anmeldung unter: www.textpoterie.at; www.imtunbegreifen.at/
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