Rum, Reggae, Religion

Ein wahrer Insel-Traum wird wahr!

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Text: Iris Schmied

Das kleine Inselreich mag zwar nicht so berühmt sein wie seine karibischen Nachbarn Kuba, Puerto Rico, die berühmte „DomRep“ oder die unter Weltenbummler:innen beliebten „ABC-Inseln“, doch was Naturschönheit und Tropenflair betrifft, gehört das britische Überseeterritorium zu den ganz Großen.

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Ich kann Ihnen versichern, ich kenne sie alle. „Jungferninseln? Dürfen da nur Jungfern einreisen? Wird das überprüft am Zoll? Auf den Kanarischen Inseln gibt es keinen einzigen Kanarienvogel – auf den Jungferninseln gibt es keine einzige…!“ (Blöde) Kommentare und schlechte Witze fallen genug, wenn man als Reiseziel „Jungferninseln“ nennt. Und irgendwie haben sie ja recht – was hat sich Christoph Kolumbus bloß dabei gedacht, als er 1493 die Inselgruppe „Santa Úrsula y las Once Mil Vírgenes“ taufte? Überlebt hat auf den geografischen Landkarten dieser Erde nur der letzte Teil dieses Namens und heute sind wohl nur mehr Religionsforscher:innen mit der Legende der Heiligen Ursula vertraut, die sich bei Köln mit 11.000 Jungfrauen dem angreifenden Hunnenkönig Etzel als Märtyrerin entgegenstellte. Doch Köln ist weit weg, auch wenn mir die Anreise über Frankfurt und Miami und die Landung auf der Flughafeninsel Beef Island noch in den Knochen steckt. Die Reggae-Musik in meinem Kopfhörer und die warme Tropenluft auf meiner Haut wärmen den vom europäischen Winter durchgefrorenen Körper und die sonnenhungrige Seele in kürzester Zeit. Apropos Musik, der Reggae stammt natürlich ursprünglich von ein paar Inseln weiter, von Jamaica, doch die hier typische, traditionelle Musik namens „fungi“ ist dann doch nicht ganz mein Fall.

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Tortala-Charme

Die größte Insel der britischen Jungferninseln ist Tortola (Wieso muss ich da immer an Tortuga aus „Fluch der Karibik“ denken!?). Auf ihr befindet sich auch die Hauptstadt Road Town. Große Kreuzfahrtschiffe machen hier Halt und der kleine Hafen ist voller edler Jachten und schnittiger Katamarane. Viele Jacht-Charter haben hier in Road Town ihr karibisches Hauptquartier. Angesichts der traumhaften Riffe, des glasklaren Wassers und der vielen Inselchen kann man es niemandem verübeln, wenn er seinen Urlaub gleich ganz auf dem Boot verbringt – das nötige Kleingeld (britisches Überseeterritorium hin oder her, bezahlt wird hier in US-Dollar), der entsprechende Segelschein und die Funklizenz vorausgesetzt. Mir gefällt allein schon der Anblick der weißen Bootsrümpfe, die an ihren Bojen befestigt im karibisch-türkisen Wasser tanzen. Doch Tortola ist überraschend gebirgig und bewaldet – für das typische Karibik-Feeling wird mir ein Ausflug zur Cane Garden Bay empfohlen.

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Cane Garden Bay

Die Anfahrt mit dem Taxi gibt bereits Ausblicke frei, die das Weltenbummler:innen-Herz höher höherschlagen lassen. Der Strand selbst überzeugt mit hellem, feinem Sand und kristallklarem Wasser – und Ihr Badetuch müssen Sie höchstens kurz gegen einen Pelikan verteidigen, der im seichten Wasser fischt. Dass die Bucht bei den Tourist:innen beliebt ist, wissen auch die Einheimischen, und so reihen sich Bars und kleine Verkaufsstände aneinander. In der karibischen Sonne mit einem Glas Rum in der Hand sind dann auch gleich das europäische Schmuddelwetter und der lästige Jetlag vergessen… äh fast, denn die Wind- und Wellenkulisse eignet sich perfekt zum Wegdösen…

Windig

Apropos Wind – das zweite Karibik-Klischee mit dem man unweigerlich konfrontiert ist: „Sind da nicht dauernd Wirbelstürme?“ Die Sturmgefahr ist nicht ganz von der Hand zu weisen und erst 2017 richtete der Hurrikan Irma als Sturm der Kategorie 5 (der höchsten Stufe der Saffir-Simpson-Hurrikan-Windskala) verheerende Schäden auf Tortola und den Nachbarinseln an. Die nördlichste der Inseln – Anegada – wurde im Vorfeld des Wirbelsturms sogar zur Gänze evakuiert, da die höchste Erhebung der Insel niedriger war als die vorausberechnete Sturmflut. Als Wirbelsturm-Saison gelten die Monate Juni bis November. Die europäischen Wintermonate sind also diesbezüglich einigermaßen sicher.

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Bootstour

Leises Lüftchen statt verheerender Sturmwinde – die Inselwelt lässt sich am besten vom Boot aus erkunden. Da die Unterwasserwelt lockt, liegt ein Tauchsafari-Boot als „Unterkunft“ nahe und die Route der „BVI Aggressor“ führt uns rund um all die vielen Inselchen und „Cays“ herum. So heißen die sandigen, flachen Inseln, die sich auf den herausragenden Gipfeln der Korallenriffe gebildet haben. Was soll ich Ihnen sagen – die Intensität der Farben und das Flair der Jungferninseln überzeugen sowohl über als auch unter Wasser. So vergeht die Zeit viel zu schnell. Als die Maschine Richtung Miami von der Flugzeuginsel Beef Island über die doch recht abenteuerliche Landebahn abhebt, singt Bob Marley „No woman, no cry“ in meinen Kopfhörern. Und nein, der Titel bedeutet nicht, „Ohne Frau auch kein Geschrei“, sondern „no, woman, don’t cry“. Es ist also ein Trostlied. Und Trost brauche ich dringend, als unter mir die Jungferninseln zu Miniaturinselchen schrumpfen und ich europäischem Schmuddelwetter entgegenfliege.

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Segler:innen-Paradies. Wer träumt nicht davon, seine Wenden und Halsen von karibischem Panorama zu setzen, abends in einer einsamen Bucht zu ankern und vom Deck aus den Sternenhimmel mit einem Glas Rum zu genießen?

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