Eine Abenteuerreise durch Kanada
Unberührte Natur, endlose Weite und das Geräusch der Stille. Unsere Grafikerin Sonja Heiser auf Abenteuerreise in Kanada.
© Sonja Heiser
Text: Sonja Heiser
Der Geruch von Zimtsternen, das Funkeln der Christbaumkugeln und die magische Bescherung zu Heiligabend. Ich liebe es, in Erinnerungen zu schwelgen, und versetze mich gern zurück in meine Kindheit. Zu dem Zeitpunkt, als man sich noch von all den Weihnachtswundern verzaubern ließ. Solch starke Glücksgefühle im Erwachsenenalter zu entfachen, ist selten sowie schwierig. Es sei denn, ich befinde mich im Landeanflug über der kanadischen Kleinstadt namens Sault Ste. Marie.
Zweite Heimat
Sault Ste. Marie ist unter den Einheimischen besser bekannt als „The Sooo“ und liegt idyllisch eingebettet am Flussufer des St. Mary Rivers im Bundesstaat Ontario, wo der Lake Superior auf den Lake Huron trifft. Nur einen Steinwurf entfernt, auf amerikanischem Boden, befindet sich eine gleichnamige Stadt, welche als Folge eines Krieges vom kanadischen Teil getrennt wurde.
Lieblingsort
Fern von Menschenmassen und Verkehrslärm. Isoliert von der Medienwelt. Vor über 30 Jahren erfüllte sich mein Vater seinen größten Herzenswunsch. Ein Blockhaus in der Wildnis. Schon im Kindergartenalter bereiste ich gemeinsam mit meiner Familie den großen Norden, der heute Teil meiner Identität ist. Seither verbringe ich nahezu jeden Sommer in der Natur Kanadas und lernte dabei die authentische Gastfreundschaft der Kanadier zu schätzen.
Holzbau mit Seele
Hinter dem Haus präsentiert sich uns eine bemerkenswerte Landschaft – welche sogar bequem vom Wohnzimmer aus zu bewundern ist. Der Ausblick zum See schenkt uns Tag für Tag ein pink-violettes Farbenspiel, sobald die Sonne den Horizont erreicht. Ein offener Kamin sowie eine geräumige Architektur sorgen für Gemütlichkeit und Charme. Durch eine umfangreiche Sammlung an Jagdtrophäen und diversen Kunstwerken ist unser Zuhause mittlerweile zu einem Museum mutiert. Ein Grundstück dieser Art ist mit viel intensiver Pflege verbunden, besonders da es nur in den warmen Monaten mit Leben gefüllt ist. Schon zeitig in der Früh weckt mich der Klang der Kettensäge und der Duft von Motoröl. Wald- und Renovierungsarbeiten am und ums Haus zählen zu unseren täglichen Aktivitäten. Nach all den Stunden belohnen wir uns mit einer erfrischenden Abkühlung im Wasser und lassen den Abend am Lagerfeuer ausklingen.
Das große Summen
Neben Toastbrot mit Erdnussbutter sind auch die berühmten Pancakes mit Ahornsirup ein kulinarischer Genuss, wobei der Rest der kanadischen Küche eher bescheiden ausfällt. Während die Heiser-Familie den Morgen mit einer guten Tasse Kaffee zelebriert, ist die Tierwelt bereits seit Stunden wach. Ich erschrecke jedes Mal, sobald sich mir das Geräusch nähert, welches mich an eine gigantische Riesenhummel erinnert. Jedoch sind es die fast kleinsten Vögel der Welt, die sich um ihr süßes Zuckerwasser streiten und sich dabei aufregende Verfolgungsjagden über dem Frühstückstisch liefern. Kolibris sind wahre Luftakrobaten und sind durch ihre blitzschnellen Flügelschläge nur schwer auf einem Foto einzufangen.
Ein Leben wie Pocahontas
Kanada ist ein absolutes Paradies für Tierliebhaber:innen. Neben Schwarzbären, Elchen und Streifenhörnchen liegt mir besonders ein Waldbewohner am Herzen und ist seit dem Disney-Klassiker „Pocahontas“ auch mein Lieblingstier. Die Rede ist vom Bankräuber mit gestreiftem Fell – dem Waschbären. Sie sind nicht nur lernfähig und intelligent, sondern auch neugierig und durchstöbern liebend gerne jeden Müllbeutel. Mit einem Sack voll Brotscheiben und jede Menge Geduld konnte ich unseren flauschigen Mitbewohner sogar für ein Foto begeistern.
Eintauchen
Das Heulen der Wölfe in der Dunkelheit der Nacht ist einerseits unheimlich, andererseits auch äußerst majestätisch. Nicht zu verwechseln mit dem melodischen Gesang des Eistauchers, dessen Ruf zum charakteristischen Klangbild der kanadischen Wildnis beiträgt. Der Loon ist ein Wasservogel mit schwarz-weißem Gewand und feuerroten Augen. Leider nehmen sie soziale Distanzierung nicht nur unter Artgenossen ernst, sondern sind auch für Menschen meist nur aus der Ferne zu betrachten.
Ins kalte Wasser
Meine Familie pflegt schon seit Generationen eine außergewöhnliche Tradition und ist somit ein wichtiger Bestandteil auf all unseren Reisen: das Fliegenfischen. Wie Angeln, nur eleganter – wie ich es gern formuliere. Meine Familie dabei zu beobachten, wie sie diese spezielle Wurftechnik mit so viel Talent und Leidenschaft praktizieren, hat mir immer sehr imponiert. Auch ich selbst habe mich der Herausforderung gestellt, um diese fließenden Bewegungen der Rute zu erlernen. Allerdings ist mein Erfolg mehr dem Glück geschuldet als meinem Können.
Mit der Kutsche zum Bauhaus
Über 90 Prozent der Einwohner:innen sind europäischen Ursprungs. Somit auch die Kultur der Mennoniten, einer evangelischen Freikirche, deren Philosophie sowie Überzeugungen der der Amish stark ähneln. Die Gesellschaft der Mennoniten wurde aus politischen sowie religiösen Gründen verfolgt und aus dem deutschsprachigen Raum vertrieben. Für uns kaum vorstellbar – ein Leben ohne Fernsehen, Internet und Autos. Der Gebrauch all dieser Technologien wird von der Mehrheit verweigert, und ihr Lebensstil beschränkt sich auf das Notwendigste. Die Kutschen auf den Schotterstraßen sowie die Ablehnung der modernen Gesellschaft haben mich dabei immer beeindruckt.
Vielfalt
Um möglichst viel Abwechslung in unseren Alltag zu integrieren, konsumieren wir das große Sortiment an kulturellen Angeboten sowie diversen Veranstaltungen. Von Musikfestivals im klischeehaften Country-Format, bis hin zu traditionellen Pow-Wow-Festlichkeiten der indigenen Völker. Falls uns jedoch die Abenteuerlust packt, gehen wir mit dem Kanu auf Entdeckungsfahrt. Während wir flussabwärts paddeln, lassen wir uns nicht nur von der Schönheit der Kulisse, sondern auch von dem Nachthimmel, der in einer Umgebung ohne Lichteinflüsse sein wahres Potential entfaltet, mitreißen.
Kanada hat nicht nur viele Geschichten zu erzählen, es ist ein Land geprägt durch dichte Wälder, reißende Flüsse und kristallklare Seen. Ein Land, das mich seit der Kindheit stets begleitet und Glücksgefühle verspricht.
Das könnte dich auch interessieren:
Reiseinspiration 2.0: #DestinationDupes auf TikTok voll im Trend
Romandie Reverie: Ein Kurztrip durch die französische Schweiz
Weitere Artikel zu diesem Thema
Lifestyle
5 Min.
Send it: Das war die Method Movie Night im Metropol Kino
Fotocredits: Henrieke Ibing Photography Snowboard-Fans und Rider:innen füllten das Metropol Kino am Mittwochabend, den 13. November 2024, bis fast auf den letzten Platz, um bei der Method Movie Night vom Method Magazine dabei zu sein – und das Publikum wurde nicht enttäuscht. Der Abend bot alles, was das Snowboard-Herz höher schlagen lässt: drei Filme, jede … Continued
5 Min.