Eine Reise nach Costa Rica: Cocos Island
Das „Hai-light“ im pazifischen Ozean
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Die costa-ricanische Insel Cocos Island gilt als Traumdestination für viele Taucher:innen und wird gerne mit den australischen Kokosinseln verwechselt. Was die „Isla del Coco“ so besonders macht? Ihre tropische Schönheit, das Abenteuer-Flair und echte Action unter Wasser.
Naturgeschützt
Pura vida! Der freundliche Gruß ist die Allzweckformel der „Ticos“, wie sich die Costa Ricaner:innen selbst nennen. Und er charakterisiert recht gut die optimistische Lebensfreude der Bewohner:innen des kleinen Tropenstaats, der gerne als die „Schweiz Mittelamerikas“ bezeichnet wird. Costa Rica hat bereits in den 1950ern sein Heer abgeschafft und das frei gewordene Budget in die Bereiche Gesundheit, Bildung und Umwelt investiert. Fast ein Drittel des Landes steht unter Naturschutz und die Nation ist berühmt für ihren Export von Bananen, Kaffee, Zierpflanzen und Zucker. Weniger bekannt ist, dass Costa Rica viermal so viel Umsatz mit dem Export von Elektronik erwirtschaftet als mit dem Export landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Costa Rica gilt also als mittelamerikanisches Erfolgsmodell mit einer vergleichsweise niedrigen Kriminalitätsrate und hoher Lebensqualität.
Umstritten
Wer zum (Hai-)Tauchen nach Costa Rica gekommen ist, hat die Anreise mit der Landung in der Hauptstadt San José noch nicht annähernd hinter sich gebracht. Zuerst geht es mit dem Bus bis zur Küstenstadt Puntarenas am pazifischen Ozean im Golf von Nicoya. Die Stadt hat unter Taucher:innen einen zweifelhaften Ruf, gilt sie doch als Hochburg der taiwanesischen „Flossen-Mafia“. So fortschrittlich der Naturschutz zu Lande hier gelebt wird, so viel Nachholbedarf herrscht auf dem Meer. Fischfangindustrie und Tauchtourismus stehen hier auf Kriegsfuß miteinander. Doch auch wenn die Region um Puntarenas bei den Einheimischen als Urlaubsgegend beliebt ist, kann es für fanatische Taucher:innen nur ein Ziel geben: Cocos Island, das Naturschutzgebiet 500 Kilometer vor der Küste Costa Ricas.
La Niña und El Niño
Wer im pazifischen Osten tauchen möchte, kommt um ein bisschen Klimawissen nicht herum. Die berühmte Großwetterlage „El Niño“ sorgt in dieser Region der Erde für Veränderungen der Meeresströmungen, die zum Ausbleiben großer Fischschwärme aufgrund von Änderungen in der Temperaturverteilung im Meer führt. Die El-Niño-Phasen begünstigen höhere Wassertemperaturen, die die Auftriebswirkung des kalten Humboldtstroms entlang der peruanischen Küste zum Erliegen bringen. Die Durchmischung des warmen Oberflächenwassers mit nährstoffreichem, kaltem Tiefenwasser bleibt aus, mehr Wasser verdunstet an der Oberfläche und führt zu starken Niederschlägen an der Westfront der Anden. Doch der spanische „Junge“ hat zum Glück auch eine Schwester namens „La Niña“, die mit gegenteiligen Klimaauswirkungen zuverlässig auf „El Niño“ folgt. Ich hatte bei meiner Reise nach Coco Island das große Glück, eine dieser Phasen zu erwischen, die zwar zu kühlerem Wetter, aber auch zu größerem Fischreichtum führt.
UNESCO-Weltnaturerbe Cocos island
Die 30-stündige Überfahrt kann bei Seegang schon ein wenig unangenehm werden, doch spätestens beim Ankern in der Chatham Bay am Nordende des Nationalparks Cocos Island liegt das Schiff wieder ruhig im Wasser. Wasserfälle in allen Größen stürzen aus steilen Dschungelwänden ins Meer und säumen die malerische Bucht. Der Himmel ist von Wattewölkchen überzogen und das milde Licht betont das saftige Dschungelgrün. Das Meer schimmert in einem dunklen Türkiston. Kein Wunder, dass die Abgeschiedenheit und Schönheit sowie die üppige Vegetation Piraten angezogen haben soll. Der Freibeuter William Dampier und der berüchtigte Henry Morgan sollen hier ihre Schätze vergraben haben. Doch zahlreiche Grabungen führten zu keinerlei Funden. Seit 1978 steht die Insel unter Naturschutz und die Schatzsuche ist untersagt.
Unterwasserreichtum auf cocos island
Doch der wahre Reichtum der Insel liegt ohnehin unter der Wasseroberfläche verborgen. Bereits der Check-dive übertrifft sämtliche Erwartungen: Beim Entlangtauchen am Riff überholt uns eine Gruppe Hammerhaien nach der anderen. Weißspitzen-Riffhaie tummeln sich im unerwartet vielfältigen Riff bunte Kofferfischen bestaunen uns, wie wir durch ihre Welt schweben. Ja, man kann sich nicht nur am abendlichen „Deko-Bier“ sondern auch an 32-Prozent-Nitrox ordentlich verschlucken.
Hammerhaie sehen übrigens grimmiger aus, als sie sind – die Tiere sind in Wirklichkeit scheu und meiden Menschen nach Möglichkeit. Als einer meiner liebsten Tauchplätze entpuppt sich „Alcyone“, den angeblich bereits Jacques-Yves Cousteau betaucht hat. Am Seil entlang geht es in mäßiger Strömung in 25 Meter Tiefe. Hier weicht das bisher angenehme 28 Grad warme Wasser plötzlich einer Strömung aus frischen 22 Grad – eine sogenannte „thermocline“ oder Sprungschicht, bei der zwei unterschiedlich warme Wasserschichten aufeinandertreffen. Genau dieses nährstoffreiche, kühlere Wasser bringt eine Vielfalt an Leben mit sich: Marmorrochen, eine Vielzahl von Schnappern und wieder jede Menge Haie.
Einsame Insel Cocos Island
Coco Island unterliegt als UNESCO-Weltnaturerbe und als Nationalpark strengen Auflagen. Ein Landgang ist nur in Begleitung der Parkranger:innen erlaubt, die auch gerne eine kleine Wanderung durch den Dschungel anbieten. Doch so anmutig und berauschend sich die Insel auch vom Wasser aus präsentiert – im feuchten Regenwald gestaltet sich die kleine Wanderung durch das Dickicht und über matschige Hügel zur schweißtreibenden Angelegenheit. Falls hier wirklich jemals ein Schatz vergraben wurde, so hält ihn längst der Dschungel fest in seinem Bann.
Dock rock
Nach knapp zwei Wochen voller Tauchabenteuer treten wir die 30-stündige Rückfahrt an. Am Sonnendeck liegt ein mitreisender Amerikaner im Liegestuhl. In seinen Händen hält er doch tatsächlich Steve Altens Horrorbuch „The Meg“ (Sie kennen vielleicht den gleichnamigen Film mit Jason Statham und einem erschreckend glaubwürdig CGI-animierten Megalodon in den Hauptrollen). Er grinst mir zu und ignoriert meine fragend erhobene Augenbraue angesichts seiner Lektüre. „Looking forward to dock rock?“, fragt er mich. „Dock rock?“ Der charmante Tauchkollege erklärt mir, dass das der englische Ausdruck dafür ist, wenn man sich nach einem längeren Schiffsaufenthalt an das leichte Schaukeln gewöhnt hat und dann zurück an Land noch stundenlang das Gefühl hat, alles würde sich unter den Füßen hin- und herbewegen.
Wenn wir die schaukelige Überfahrt überstanden haben, dann stört mich ein wenig „dock rock“ auch nicht mehr. Ich zucke daher nur mit den Schultern, grinse breit und antworte: „Pura vida!“
Text: Iris Schmied
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