Alpakas – unser Plüsch für die Seele
Wir schweben im siebten Alpaka-Himmel
© TIROLERIN/Ricarda Laner
Was gibt es Schöneres, als mit Alpakas durch den Wald zu spazieren und einfach mal die Seele baumeln zu lassen? Nichts – finden wir zumindest. Ob er sie selbst alle auseinanderkennt? Natürlich, meint Florian Haslwanter, Volksschullehrer:innen könnten nach ein paar Wochen schließlich auch ihre Schützlinge beim Namen nennen. Das war es allerdings noch nicht mit den Gemeinsamkeiten. Genauso wie Schulkinder haben auch Alpakas nämlich einen ungemeinen Bewegungsdrang – und da sind auch die Tiroler Bio-Alpakas am Seefelder Plateau keine Ausnahme.
Tirolerin meets Alpakas
Wie Lamas zählen die Alpakas zur Gattung der Neuweltkameliden und stammen ursprünglich aus Südamerika, wo sie auf der Suche nach Futter tagtäglich bis zu 25 Kilometer zurücklegten. Und so kommt es, dass sich Joggl, Quattermandl, Wendelin und Tschuglad wohl sogar freuen, heute mit uns eine Runde zu drehen. Zuvor ist allerdings ein kurzes Kennenlernen im Stall angesagt – denn wer will schon mit wildfremden Menschen spazieren gehen?
Fulltime-Job
Bei dieser Gelegenheit stellt uns Florian auch die übrigen Mitglieder der Herde vor, die allesamt einen sehr gelassenen Eindruck machen. Insgesamt sind es aktuell 49 Alpakas, um die sich die Haslwanter-Eggers kümmern. Rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr. Ganz nebenbei arbeitet Florian als Techniker und seine Frau ist Klinische Psychologin. Das jüngste Familienmitglied der Herde kam erst im August zur Welt und muss alle paar Stunden mit der Flasche gefüttert werden. Urlaub ist sich daher heuer noch keiner ausgegangen, weil sich die Geburtstermine mit den Ferienzeiten kreuzten. Alles jedoch kein Problem, wenn man mit einer solchen Leidenschaft dabei ist, wie die Haslwanters sie für ihre Tiere empfinden.
„Natürlich ist es nett und auch wichtig, dass wir mit unseren Wanderungen Geld verdienen oder mit unseren Produkten aus Alpakawolle. Doch vielmehr geht es uns um eine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Tier, bei der das Wohl unserer Alpakas im Vordergrund steht.“
Florian Haslwanter
Neubeginn
Seinen Anfang genommen hat das ganze Projekt vor mehr als 15 Jahren, als Florians Schwiegermutter die Alpakas in einer Doku entdeckte und scherzhaft meinte, solche wären doch nett im eigenen Garten. Was als vages Gedankenspiel begann, als entspannender Ausgleich nach der Arbeit, reifte über die Jahre zu einem festen Plan heran – zu einem wahren Traum, wie Florian erzählt. Der Traum der ersten Bio-Alpakas in Tirol, ganz ohne Kompromisse und ohne den wirtschaftlichen Aspekt in den Vordergrund zu stellen. Das bedeutet: 20.000 Quadratmeter Platz für die Tiere, Futter biologischer Natur und so wenige Medikamente wie möglich. So kam es, dass sich die junge Familie nicht nur ein einziges Alpaka als Rasenmäher zulegte, sondern gleich eine richtige kleine Herde aus Stuttgart zu sich holte – die sich weiter und weiter vermehrte. Doch nicht nur die Zahl der Tiere im Stall wurde über die Jahre immer größer, sondern auch das Interesse an ihnen.
„In den Anfängen hat – ohne zu übertreiben – alle 15 Minuten jemand geklopft und gefragt, ob man denn die Tiere anschauen und streicheln dürfte. Weil das für uns nicht mehr so erholsam war, haben wir uns eine andere Lösung überlegt.“
-Florian Haslwanter
© TIROLERIN/Ricarda Laner
© TIROLERIN/Ricarda Laner
© TIROLERIN/Ricarda Laner
Den Alltag zurücklassen
Mittlerweile werden die Alpakas mehrmals wöchentlich von – schockverliebten – Besucher:innen ausgeführt, denn die Alpakawanderungen erfreuen sich größter Beliebtheit und finden das ganze Jahr über statt. Im Winter durch den tiefverschneiten Wald bei Laternenschein oder an wunderschönen Herbsttagen. Eineinhalb Stunden dauert die Runde durch die imposante Berglandschaft des Seefelder Plateaus. Alpakas bewegen sich übrigens naturgemäß mit rund zwei Kilometern pro Stunde recht gemächlich fort. Alle paar Meter halten wir an. Doch was will man machen, wenn das Gras unterwegs eben so viel besser schmeckt als zu Hause auf der Weide?
einfach Abschalten
In den ersten Minuten sollten wir zu viele Fressstopps zwar eigentlich vermeiden, um unserem Alpaka zu zeigen, wer hier wen spazieren führt, aber ganz ehrlich: Schnelligkeit ist hier nicht von Belangen. Vielmehr, um rauszukommen aus dem hektischen Alltag. Ruhig ist es hier tatsächlich, einzig und allein das Zwitschern der Vögel und das Trippeln der Pfoten ist zu hören – abgesehen von so manchen verzückten Lauten, die wir angesichts unserer Begleiter von uns geben. Zu gendern erübrigt sich in diesem Fall, denn tatsächlich sind es nur die Hengste, die für die Wanderungen an die Leine kommen. Die Stuten bleiben nämlich währenddessen bei ihren Jungtieren im Stall oder toben sich auf der Weide aus. Letzteres ist es auch, wo es für uns nach unserem Spaziergang hingeht – zur Weideauszeit, um genau zu sein.
Weideauszeit mit Alpakas
Mit einer eigenen Futtermischung, der sogenannten „Alpaka-Schokolade“, und Picknickdecken bepackt, lassen wir uns im Gras nieder und sind kurze Zeit später von Alpakas umgeben. Von großen und kleinen, braunen und weißen, stürmischen und eher zurückhaltenden. Als wir da so auf der Wiese sitzen und uns das Futter aus der einen Hand fressen lassen, wird uns klar: Es gibt wohl kaum etwas, das unserem Gemütszustand innerhalb kurzer Zeit so guttut, wie Zeit mit Alpakas zu verbringen. Angst haben, dass wir dabei angespuckt werden, müssen wir als Menschen übrigens nicht – das passiert nämlich nur in den seltensten Fällen, wenn die Tiere sich bedroht fühlen. Auch wenn es schwerfällt: Irgendwann ist unsere Zeit vorüber und ich vergrabe meine Hand zum Abschied noch einmal in Joggls Fell. Oder ist es doch Wendelin? Macht nichts – denn lieb sind sie schließlich alle.