
„Wie eine zweite Familie“ – Zwei FC Wacker-Spielerinnen über Teamgeist & Frauenfußball in Tirol
Warum Frauenfußball in Tirol mehr Aufmerksamkeit verdient
© Jan Hetfleisch
Die Damenmannschaft des FC Wacker Innsbruck zählt zu den Aushängeschildern im Tiroler Frauenfußball. Mit einer Mischung aus erfahrenen Spielerinnen und jungen Talenten geht das Team mit viel Leidenschaft in jede Partie – auch wenn die Bedingungen im österreichischen Frauenfußball noch nicht immer ideal sind.
Zwei, die diese Entwicklung aus unterschiedlichen Blickwinkeln miterleben, sind Miriam Hochmuth, 28 Jahre, Innenverteidigerin und seit über 13 Jahren beim Verein, und Magdalena Walder, 18 Jahre, seit 2023 im Team und in der Offensive zu Hause. Im Interview sprechen sie über ihre Begeisterung für den Sport, über Höhen und Tiefen der vergangenen Saison – und darüber, was es braucht, um den Tiroler Frauenfußball weiter voranzubringen.
Wie sind Sie zum Fußball gekommen und was fasziniert Sie so sehr an diesem Sport?
Magdalena Walder: Freundinnen aus meiner Klasse haben mich zu meinem ersten Training mitgenommen – da war ich zehn Jahre alt. Von da an war mir klar: Das ist mein Sport. Am Platz gibt es keinen Platz für negative Gedanken, ich kann 90 Minuten abschalten und das tun, was mir am meisten Spaß macht. Besonders schön finde ich, wie schnell innerhalb eines Teams echte Freundschaften entstehen.
Miriam Hochmuth: Auch bei mir begann alles in der Schulzeit, als eine engagierte Lehrperson eine Mädchen-Schülerliga gründete. Ich habe zunächst im Tor gespielt, durfte bei einem Testspiel erstmals als Feldspielerin ran – das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabeigeblieben bin. Es ist vor allem der Teamgeist, der mich begeistert. Jedes Training bringt uns als Mannschaft näher zusammen, das Team ist wie eine zweite Familie.
Wie sieht eine typische Trainingswoche aus?
Walder: Wir trainieren viermal pro Woche, wobei jedes Training unterschiedliche Schwerpunkte setzt. Nach einem Spielwochenende starten wir montags mit einer regenerativen Einheit. Dienstags und donnerstags wird es intensiver – da steht vor allem körperliche Belastung im Fokus. Freitags geht es um taktische Inhalte oder eine lockerere Einheit zur Spielvorbereitung.
Hochmuth: Zusätzlich haben wir auch Kraft-, Athletik- und Mentaltraining. Jedes zweite Spiel am Wochenende ist ein Auswärtsspiel – oft quer durch ganz Österreich. Das erfordert eine gute Organisation, stärkt aber auch den Zusammenhalt im Team und bringt immer wieder neue Erfahrungen mit sich.



Wie wichtig ist neben körperlichem Training auch die mentale Stärke?
Walder: Mentale Stärke ist mindestens genauso wichtig wie körperliche. Vor Spielen analysieren wir gemeinsam die Gegnerinnen und ich schaue mir gerne noch eigene Spielszenen an, um mir meiner Stärken bewusst zu werden. Unsere Mentaltrainerin Tanja hat uns viele Strategien mitgegeben, die mir sehr helfen, fokussiert zu bleiben.
Hochmuth: Mit den Jahren habe ich viel Erfahrung gesammelt – das hilft mir, vor den Spielen ruhig und fokussiert zu bleiben. Ich versuche immer, mit der Überzeugung auf den Platz zu gehen, dass ich meiner Gegnerin überlegen bin. Negative Gedanken lasse ich gar nicht erst zu, sondern konzentriere mich auf das, was ich gut kann.
Trotzdem kann man nicht immer gewinnen. Wie gehen Sie mit Niederlagen um?
Walder: Ich versuche aus solchen Spielen das Beste mitzunehmen. Im Nachgang schauen wir die Partie an und analysieren sie. So können wir aus unseren Fehlern lernen und wissen, was wir anders machen sollten.
Hochmuth: Niederlagen gehören zum Sport einfach dazu. Klar, direkt nach dem Spiel bin ich oft enttäuscht, aber ich nehme mir bewusst Zeit, Abstand zu gewinnen. Danach analysiere ich die Leistung sachlich: Was ist mir gelungen, wo habe ich Potenzial? Es geht immer darum, den Blick wieder nach vorne zu richten.
Die FC-Wacker-Damen haben die vergangene Saison mit Platz 4 in der zweiten Damen-Bundesliga beendet. Wie bewerten Sie die Saisonleistung der Mannschaft?
Walder: Es gab einige Höhen und Tiefen, aber gerade im letzten Drittel der Rückrunde haben wir als Team richtig gut funktioniert. Viele Spielerinnen haben das Spiel und die Mannschaft mit ihrer individuellen Klasse gestärkt.
Hochmuth: Ein Rückstand von 20 Punkten auf den ersten Platz ist einfach zu viel – da haben wir uns mehr erhofft. Besonders in der Rückrunde hat uns personell einiges gefehlt. Gleichzeitig war es schön, zu sehen, wie junge Spielerinnen mutig eingesprungen sind. Das stimmt mich zuversichtlich. Gegen Ende der Saison hat man gesehen, dass wir wieder besser funktionieren – darauf wollen wir aufbauen.
Welche Ziele haben Sie für die kommende Saison?
Walder: Ich wünsche mir, dass wir an die positive Entwicklung der Rückrunde anknüpfen können – mit einer starken Hinrunde und attraktivem Fußball. Für mich ist es wichtig, mit Freude und als „elf Freunde“ am Platz zu stehen.
Hochmuth: Persönlich wünsche ich mir vor allem, gesund zu bleiben und weiterhin mit Freude Fußball zu spielen – das ist die wichtigste Grundlage. Aus Vereinssicht ist es mein Ziel, gemeinsam mit dem Team einen noch dynamischeren Fußball zu spielen.




Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern, um den Frauenfußball in Tirol weiter zu fördern?
Walder: Es braucht mehr Möglichkeiten für junge Mädchen, überhaupt Fußball zu spielen – also mehr Vereine und Trainingsangebote, auch in kleineren Orten.
Hochmuth: Die Entwicklung der letzten Jahre war durchaus positiv, gerade mit Projekten wie der zweiten Kampfmannschaft oder den Auswahlteams des Tiroler Fußballverbands. Aber es braucht noch mehr mediale Präsenz, öffentliche Sichtbarkeit, Wertschätzung. Nur so können wir Mädchen für den Sport begeistern und unseren Spielerinnen die Anerkennung geben, die sie verdienen.
Welche Tipps würden Sie jungen Mädchen und Frauen geben, die Fußball spielen möchten?
Walder: Einfach ausprobieren und mit Freude spielen! Der Spaß sollte immer im Mittelpunkt stehen – das ist das Wichtigste.
Hochmuth: Mein wichtigster Tipp: Habt Spaß am Fußball. Lasst euch nicht entmutigen, habt Geduld und genießt die Zeit auf dem Platz. Gebt in jedem Training Vollgas, Fußball ist eine großartige Schule fürs Leben.
3 Fragen an Michael Kunzer, sportlicher Leiter der FC-Wacker-Damen
Wie bewerten Sie die Entwicklung des Teams in der vergangenen Saison aus sportlicher Sicht?
Am Ende ist der vierte Platz absolut in Ordnung, aufgrund der fehlenden Konstanz sind wir aber etwas hinter unseren eigenen Erwartungen geblieben. Trotzdem stimmt die Marschroute des Teams, die Entwicklung ist positiv. Zahlreiche junge Tiroler Spielerinnen haben Einsatzminuten in der Bundesliga gesammelt und den nächsten Entwicklungsschritt in ihren Karrieren gemacht, das freut uns ganz besonders.
Welche Schritte unternimmt der Verein, um den Frauenfußball in Tirol weiter zu fördern?
Vergangenes Jahr haben wir ein zweites Team installiert, in dem junge Tiroler Talente auf hohem Niveau Fuß im Erwachsenenfußball fassen können. Die Mannschaft ist mit einem Altersschnitt von 17 Jahren Meisterin in der Landesliga geworden, etliche der Spielerinnen haben den Sprung in den (Trainings-)Kader des ersten Teams geschafft. So bieten wir fußballbegeisterten Mädchen eine Plattform, sich zu präsentieren.
Was macht den FC Wacker Innsbruck als Ausbildungsverein für junge Spielerinnen attraktiv?
Wir sind wie eine Familie. Die Spielerinnen wissen zudem, dass sie bei uns eine ehrliche Chance haben, sich zu beweisen, und wir nicht für reine Lippenbekenntnisse stehen. Die Statistiken des vergangenen Jahres zeigen, dass sich junge Spielerinnen bei uns in die Auslage spielen und somit auch für höhere Aufgaben empfehlen können.
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Über die Autorin:

Leonie Werus betreut die Ressorts Genuss, Wohnen und Freizeit. Sie ist ein echter Workhaholic und weiß es jede Minute gut für sich zu nutzen. Mit ihren Airfryer, liebevoll Fritti genannt, probiert sie gerne neue Rezepte und versucht nebenbei das TIROLERIN-Team zum Sport zu motivieren – meist leider vergeblich.