Jobsharing – aus zwei mach eins
Aus zwei mach eins: Wie Jobsharing im Berufsalltag funktioniert
© Gerätewerk Matrei
Der Wunsch nach weniger Arbeitsstunden und das Problem des Fachkräftemangels lassen immer mehr neue Arbeitsmodelle entstehen. Auch die innovative Lösung des Jobsharings gewinnt zunehmend an Bedeutung. Bei dieser Arbeitsform teilen sich zwei oder mehr Personen eine Vollzeitstelle und somit auch die Verantwortung, Arbeitszeit und Aufgaben.
Martina Erdtner und Romana Zimmermann leiten seit drei Jahren gemeinsam den Personalbereich der Gerätewerk Matrei e.Gen. und kennen sich privat bereits seit mehr als zehn Jahren. Im Gespräch erzählen sie von ihren Erfahrungen im Jobsharing, Vorteilen in der Zusammenarbeit und geben Tipps für Interessierte.
Ihr leitet gemeinsam den Personalbereich der Gerätewerk Matrei e.Gen. Wie kam es dazu?
Romana Zimmermann: Wir haben vorher bereits zehn Jahre lang gemeinsam bei einem großen Konzern in unterschiedlichen Bereichen im Human Resourcen (HR) gearbietet. Da kam bei uns bereits die Idee auf, dass man sich mit einer Bewerbung und zwei Lebensläufen auf eine HR-Vollzeitstelle bewerben könnte. Nach meiner Karenz ist diese Idee dann ein bisschen konkreter geworden, als wir beide den Wunsch nach einer beruflichen Veränderung hatten.
Martina Erdtner: Wir haben uns dann verschiedene Möglichkeiten angesehen und uns dann gemeinsam beworben – nach dem Motto eine Bewerbung und zwei Lebensläufe.
Wie lief der Bewerbungsprozess genau ab?
Romana Zimmermann: Wir haben uns wie gesagt gemeinsam mit einer Bewerbung beworben. Im Bewerbungsprozess damals war man sehr erstaunt, einfach weil es ein ganz anderes Modell ist. Wir haben da viel Überzeugungsarbeit leisten müssen im Vorfeld.
Marina Erdtner: Das Unternehmen war dabei jedoch trotzdem auch sehr offen. als sie gemerkt haben, wie gut unsere Zusammenarbeit eigentlich funktioniert.
Wie funktioniert Jobsharing bei euch in der Praxis?
Romana Zimmermann: Wir arbeiten beide 20 Stunden und haben uns die Tage aufgeteilt. Martina ist von Mittwoch bis Freitag da und ich von Montag bis Mittwoch. Der Mittwoch ist also unser gemeinsamer Tag, an dem wir uns auch immer wieder Updates geben, ein gemeinsames Jour fixe haben und in den Austausch gehen. Wir setzen uns jedoch auch immer gegenseitig bei allen Mails ins CC, damit man jederzeit bei allen Themen up to date ist.
Martina Erdtner: Wir teilen uns ein Büro, jede von uns hat einen eigenen Arbeitsplatz. Romana kommt mehr aus dem Recruiting und ich aus der Personalentwicklung. Wir haben uns da mehrere große Bereiche aufgeteilt, die man eigentlich hauptsächlich alleine bespielt – jedoch übernehmen wir natürlich auch die Aufgaben der anderen, wenn diese nicht da ist. Wir haben die Hauptaufgabenbereiche jedoch einfach aufgrund von unseren Stärken im Vorfeld schon definiert.
Gemeinsam entstehen mehr Ideen und man kann voneinander lernen.
-Martina Erdtner
Welche Vorteile ergeben sich daraus für euch?
Romana Zimmermann: Einerseits natürlich, dass wir jederzeit für die anderen einspringen können, sollte mal jemand von uns krank werden oder sich um die eigenen Kinder kümmern müssen.
Martina Erdtner: Gemeinsam entstehen auch mehr Ideen, also kann man mehr brainstormen, sich besser austauschen und auch von anderen lernen, das ist auch ein großes Thema. Auch wenn man aus verschiedenen Bereichen kommt, bekommt man sehr viel vom anderen mit.
Gibt es dabei auch Hürden? Und wie kann man diese überwinden?
Romana Zimmermann: Eine Hürde ist sicher einmal, die Unternehmen im Vorfeld zu überzeugen, so etwas zu machen und neues auszuprobieren. Auch bei unserer Firma gab es anfangs Skepsis. Die Punkte, die dann aber überzeugt haben, zum Gespräch eingeladen zu werden, waren vor allem, dass wir die Vorteile da schon sehr hervorgebracht haben. Also eben, dass wir uns gegenseitig vertreten können im Krankheitsfall, dass wir gemeinsam mehr Expertise haben und so auch deutlich mehr einbringen können.
Martina Erdtner: Für uns ist das kein Problem, aber eine Hürde könnte auch sein, dass die Kommunikation untereinander nicht so gut funktioniert. Es ist sehr wichtig, sich beim Jobsharing immer wieder auszutauschen – das darf auf keinen Fall vernachlässigt werden.
Wie steht es um die Akzeptanz in eurem privaten Umfeld?
Martina Erdtner: Mein Mann hatte anfangs etwas Bedenken. Er hat mich dann gefragt, ob wir Berufliches und Privates wirklich so eng verschmelzen lassen wollen, also ob es da nicht vielleicht zu Reibereien oder Unstimmigkeiten kommen könnte. Er hat dann jedoch schnell gesehen, dass sich da weder privat noch beruflich etwas an unserer guten Zusammenarbeit geändert hat.
Romana Zimmermann: Wenn ich privat erzähle, dass wir uns einen Job teilen, stößt das oft auf Neugierde und Interesse, weil vielen der Begriff Jobsharing gar nicht bekannt ist. Aber im Wesentlichen ist das Feedback da immer sehr positiv gewesen.
Nicht alle Menschen passen gleich gut zueinander. Welche Kompetenzen ergänzen sich eurer Meinung nach besonders gut beim Jobsharing?
Romana Zimmermann: Ich glaube, es ist schon sehr wichtig, dass man sich im Vorhinein kennenlernt. Natürlich muss da nicht unbedingt ein Freundschaftsverhältnis bestehen, so wie bei uns – jedoch ist es schon nicht schlecht, wenn man eine ähnliche Arbeitseinstellung hat.
Martina Erdtner: Wie schon erwähnt, braucht man auch einfach ein gutes Verständnis füreinander und gute Kommunikation. Schwierig könnte es zum Beispiel werden, wenn eine Person sich mehr profilieren will und sich als der:die Bessere darstellen möchte.
Welche Voraussetzungen müssen für ein erfolgreiches Jobsharing erfüllt sein? Gibt es dabei vielleicht auch rechtliche Grundlagen?
Romana Zimmermann: Rechtliche Barrieren gibt es da eigentlich nicht wirklich, weder für die Angestellten noch für die Arbeitgeber:innen. Wir haben beide einen separaten Dienstvertrag mit dem Unternehmen abgeschlossen.
Würdet ihr Jobsharing weiterempfehlen?
Martina Erdtner: Wir würden es auf jeden Fall weiterempfehlen. Bei uns im Personalbereich klappt das wirklich super und wir ergänzen uns auch einfach sehr gut. Wenn Mitarbeitende auf Unternehmen mit einem Jobsharing-Wunsch zukommen, sollte gut darüber gesprochen werden – natürlich klappt das auch nicht in jedem Bereich. Trotzdem hat unser Modell gezeigt, wie es gut funktionieren kann, und mittlerweile sind wir auch nicht mehr die Einzigen, die sich eine Stelle in unserer Firma teilen. Wir sind wirklich sehr froh, dass unser Unternehmen da so offen für New-Work-Konzepte ist und uns das ermöglicht hat.
Welche Tipps habt ihr für andere, die über Jobsharing nachdenken?
Romana Zimmermann: Auf jeden Fall offen sein und neue Vorschläge einfach mal ausprobieren. Wenn man sich vorher nicht kennt, sollte es auch auf jeden Fall vorherige gemeinsame Gespräche geben.
Martina Erdtner: Wir empfehlen dabei auch so etwas wie eine Kompetenzanalyse, damit man sieht, ob man gut harmoniert und wo die jeweiligen Stärken und Schwächen liegen. Es muss halt einfach für alle Parteien passen – für die Mitarbeiter:innen und auch für den:die Arbeitgeber:in.
Jobpairing
Beim Jobpairing müssen sich die Partner:innen bezüglich der Aufgabenerfüllung miteinander abstimmen. Sie teilen gemeinsame Verantwortung und treffen wesentliche Entscheidungen gemeinschaftlich.
Jobsplitting
Beim Jobsplitting geht es primär um die Aufteilung eines Arbeitsplatzes in zwei oder mehr voneinander unabhängige Teilzeitstellen. Hierbei haben beide Teilzeitkräfte die gleichen Aufgabenprofile, und es besteht kein Bedarf an Interaktion oder Zusammenarbeit.
Topsharing
Beim Topsharing teilen sich zwei oder mehr Personen eine Führungsposition. Sie übernehmen gemeinsam Verantwortung für strategische Entscheidungen, Investitionen und die Mitarbeiter:innenführung.