Drei Personen geben ein High-Five

Liebe im Business: Wie das geht und warum wir handeln sollten

Bettina Ludwig im Gespräch über soziale Strukturen und Verhaltensmuster in Unternehmen

5 Min.

© Pexels / Olia Danilevich

Bettina Ludwig betreibt unabhängige Forschung auf dem Fachgebiet der Jäger:innen-Sammler:innen-Forschung. Für ihre Arbeit in der Kalahari-Wüste Namibias erhielt sie den Rupert-Riedl-Preis. Als Unternehmerin setzt sie sich für neue Strukturen in der Wirtschaft ein.

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In ihrem Buch „Unserer Zukunft auf der Spur“ und ihrem Podcast „ABOUT US“ spricht Anthropologin Bettina Ludwig über Themen wie Zugehörigkeit, Community und Optimismus – Werte, die aus ihrer Sicht essenziell sind für die Gesellschaft von morgen.

Frau Bettina Ludwig, Ihre Forschungen in der Kalahari-Wüste und Ihre anthropologischen Studien haben Ihnen tiefgreifende Einblicke in menschliches Verhalten ermöglicht. Wie haben diese Erfahrungen Ihre Sicht auf Erfolg im Business geprägt?

Bettina Ludwig: Mich haben diese Forschungen gelehrt, dass das Spektrum menschlicher Organisationsformen viel größer ist als das, was im Alltag präsent ist. Die Menschen in der Kalahari-Wüste kennen kein Konzept von Hierarchie, haben ein anderes Verständnis von Zeit und sie zählen nur bis fünf – alles andere bezeichnet man dort als „vieles“.

Bettina Ludwig Keynotspeakerin im Interview über Liebe im Business
© Pexels/Alena Shekhov

Grammatikalisch haben sie keinen Ausdruck für die ferne Vergangenheit und die ferne Zukunft, ganz einfach deswegen, weil es keine Relevanz hat. Im Blick auf das Business gibt es kein Konzept für Besitztum in Jäger:innen- und Sammler:innen-Gesellschaften. Das ist ein großer Unterschied im Vergleich zu unserer westlichen Welt. Wir bauen alles auf Besitz auf. Ich habe gelernt, die Perspektiven zu erweitern, sich zu öffnen und wegzugehen von der Frage: „Wozu sind wir Menschen gedacht?“. Da wir offensichtlich in unterschiedlichsten Kontexten leben können. Wichtiger wäre die Frage: „Wozu sind wir imstande?“ Ich denke, das ist eine Haltung die wir brauchen, wenn es um Zukunft geht und um gesellschaftliche Transformation.

Ihr Ansatz zielt darauf ab, etablierte Strukturen zu hinterfragen. Welche strukturellen Hindernisse sehen Sie in Unternehmen, die es erschweren, Liebe und Empathie in das Business zu integrieren?

In unserer westlichen Welt gehen wir grundsätzlich davon aus, dass der Mensch meist immer nehmen will. Unternehmer:innen fragen sich, was die Mitarbeitenden alles nehmen wollen, um zu bleiben – sei es der Obstkorb, der Fußballtisch, die Vier-Tage-Woche und so weiter. Ich denke, man sollte das Bild radikal auf den Kopf stellen und neue Strukturen schaffen. Die Natur des Menschen ist es, etwas geben und etwas beitragen zu wollen. Das wirkt natürlich in unserem westlichen Kontext irritierend.

 Man sollte auf keinen Fall die Wirkung unterschätzen, die man auf andere Menschen hat. 

Bettina Ludwig
Wie lässt sich Liebe als bewusste Entscheidung in den Führungsstil von Führungskräften integrieren, ohne dabei Professionalität oder Effizienz zu beeinträchtigen?

Den Slogan „Liebe in der Wirtschaft“ verwende ich, weil er kontrovers ist. Wir leben in einer Zeit, in der sich Gesellschaft und Politik verändern, und es ist an der Zeit, nicht mehr um den heißen Brei zu reden, sondern für Liebe in der Wirtschaft einzutreten. Diese beiden Begriffe passen im ersten Blick nicht wirklich zueinander, aber gleichzeitig passen die Systeme, in die wir uns hineinentwickelt haben auch nicht mehr zu dem, was unser Planet braucht. In diesem Sinn sollten wir nicht mehr länger abwarten, sondern handeln.

Die Vorstellung, dass die Professionalität in unserem Unternehmen darunter leidet, wenn man von Mitgefühl und Liebe im Businesskontext spricht. Ich denke, genau das bremst uns total. Warum soll das so sein? Wir haben es noch nie ausprobiert, was nicht heißt, dass es nicht funktionieren sollte. Hier denke ich wieder an die Jäger:innen und Sammler:innen, die zeitgleich auf unserem Planeten mit uns leben und einfach anders organisiert sind. Wenn das möglich ist, wieso sollte das bei uns in Zukunft nicht möglich sein? Ich bin davon überzeugt, dass wir uns in 100 Jahren anders organisieren, als wir es uns jetzt vorstellen können und hier dürfen wir in alle Richtungen denken und uns öffnen. Und warum nicht in die beste aller Richtungen, wo wir uns Liebe und Wirtschaft in Kombination vorstellen?

Welchen Rat würden Sie Menschen geben, die zwar gerne eine liebevolle Grundhaltung im Beruf einnehmen würden, aber in einem Umfeld arbeiten, das stark von Konkurrenzdenken und Leistungsdruck geprägt ist?

Die Frage, die wir uns alle stellen sollten, wäre: „Wer muss oder kann ich werden, damit ich ein freundlicherer Teil dieser Gesellschaft werden kann? Oder ein liebevollerer Teil der Businesswelt? Man muss bei sich anfangen und man sollte auf keinen Fall die Wirkung unterschätzen, die man auf andere Menschen hat. Es ist sicherlich ein schwieriger Prozess, bei sich selbst zu beginnen, aber letztendlich kann genau das die Lösung sein. 

Wordrap Mit Bettina Ludwig

LIEBE IM BUSINESS IST FÜR MICH…
ZUGEHÖRIGKEIT, MITGEFÜHL & MENSCHLICHKEIT. 

EINE ERFOLGREICHE FÜHRUNGSKRAFT BRAUCHT…
EINE VERBINDUNG ZU SICH SELBST. 

DAS GRÖSSTE MISSVERSTÄNDNIS ÜBER MENSCHLICHE VERBUNDENHEIT IM BERUF IST… DASS SIE UNS INEFFIZIENT MACHT. 

EIN INSPIRIERENDER ORT FÜR MEINE ARBEIT IST…
ÜBERALL DA, WO MENSCHEN AUFEINANDERTREFFEN. 

EMPATHIE IM BERUFSALLTAG BEDEUTET…
SICH WIRKLICH ZEIT FÜR SEIN GEGENÜBER ZU NEHMEN.

MEHR ÜBER DIE AUTORIN DIESES BEITRAGS

Elisabeth Trauner
© 2022 Journalistinnenkongress

Elisabeth Trauner ist Redakteurin von Unser SALZBURG und mit Stift, Block und Herz immer zur Stelle, wenn Menschen spannende Geschichten zu erzählen haben. Sie hört Podcasts, braucht Krimis und True Crime-Dokus zum Einschlafen und probiert gerne neue Kochrezepte aus, die aber meistens komplett schief gehen.

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