Geld und Beziehungen: Auf Augenhöhe
Hilfreiche Tipps, um Geldgespräche für Paare zu vereinfachen.
© Unsplash/Casey Horner
Geld zählt zu den häufigsten Gründen für Konflikte in Beziehungen. Der Finanzratgeber „Love & Money“ gibt Tipps, um Geldgespräche als Paar zu vereinfachen.
Nach 13 Jahren Beziehung, davon sechs Jahren Ehe und fünf Jahren als Eltern kennen Marielle Schäfer und Mike Schäfer die Herausforderungen, die das Thema Geld in einer Beziehung mit sich bringen kann. Die beiden sind Expert:innen für Finanzen, haben gemeinsam einen Blog sowie einen Podcast unter dem Namen „Beziehungsinvestor:innen“ und selbst bereits das durchlebt, was die Leser:innen ihres Buches noch vor sich haben: zusammenziehen, heiraten, Immobilienkauf und Kinder kriegen.
Wir kommen aus sehr unterschiedlichen Verhältnissen und hatten dadurch jede Menge Arbeit vor uns, ein gemeinsames Verständnis von Geld und wie wir damit umgehen wollen zu entwickeln.
Marielle Schäfer und Mike Schäfer
Heute beraten sie erfolgreich andere Paare im Umgang mit Finanzen, damit diese eine Beziehung auf Augenhöhe führen können. Im Interview mit der TIROLERIN erklären die beiden, wie und wann man als Paar am besten über das heikle Thema Geld spricht und wie es gelingt, gemeinsam den Vermögensaufbau zu stemmen.
Als Beziehungsinvestor:innen macht ihr euch dafür stark, dass Paare über das Thema Geld sprechen. Warum sind Finanzen so ein wichtiges Thema in Paarbeziehungen?
Marielle Schäfer: Jeder Meilenstein einer Beziehung beinhaltet das Thema Geld, trotzdem wird dieses oft ausgeklammert. Das beginnt beim ersten Date und der Frage, wer eigentlich zahlt, zieht sich über den ersten Mietvertrag übers Heiraten, dem Elternwerden bis hin zur Rente und dem Tod fort. Beziehungen haben daher an jedem Meilenstein mehr Möglichkeiten, sich zu entfalten und zu festigen, wenn Geld berücksichtigt wird.
Erstes Date oder erster gemeinsamer Urlaub – wann ist eurer Meinung nach der richtige Zeitpunkt, das erste Mal das Thema Geld anzusprechen?
Mike Schäfer: Der richtige Zeitpunkt ist vor dem ersten Date. Dabei soll es natürlich nicht um die Gehaltshöhe gehen, sondern darum, wie mit der Rechnung am Ende des Dates umgegangen wird. Ansonsten droht eine unangenehme Situation, wenn es heißt: „Zahlt ihr getrennt oder zusammen?“ Statt über das Zücken des Portemonnaies die Erwartungshaltung herauszufinden, kann dies bereits im Vorfeld geklärt werden. Damit verschwinden sehr viel Druck, übergriffiges Verhalten und Machtgefälle am Ende eines sonst schönen Abends.
Marielle Schäfer: Geld ins Kennenlernen mit aufzunehmen, erleichtert die nächsten Meilensteine in der Beziehung. Spätestens mit dem Zusammenzug, ist man von heute auf morgen finanziell füreinander verantwortlich und teilweise voneinander abhängig. Da ist es gut, sich zu kennen.
Wer an Finanzen in Beziehungen denkt, berücksichtigt oft als erstes Essengehen, später Miete, Strom und Lebensmittel. Welche weiteren finanziellen Aspekte sollten nicht untergehen?
Mike Schäfer: In der ersten Phase der Beziehung sind es hauptsächlich die Verabredungen, bei denen gemeinsame Ausgaben entstehen. Da kann man, wie beim ersten Date kurz drüber reden und dann einen Haken bei der Sache machen. Hinzu kommen Themen wie Verhütung oder die ersten gemeinsamen Urlaubsreisen. Darüber ins Gespräch zu gehen, was das finanziell bedeutet und wie sich beide an den Ausgaben fürs gemeinsame Vergnügen beteiligen können, stärkt die Beziehung. Davon auszugehen, dass das eine einseitige Verantwortung ist, wird dem Liebesleben kaum gerecht.
Marielle Schäfer: Beim Zusammenzug sind Dinge wie Arbeitsweg, Mobilität und Care-Arbeit zu beachten. Später kommen dann höhere Summen ins Spiel, wenn es um die finanzielle Absicherung in und nach der Ehe geht. Und beim Haus oder Wohnungskauf sind es mittlere sechsstellige Beträge, die finanziert werden müssen. All diese Meilensteine klappen viel leichter und entspannter, wenn das Paar vorher die Grundlage in Geldgesprächen gelegt hat.
Wie können Geldgespräche in einer Paarbeziehung auf Augenhöhe gelingen?
Marielle Schäfer: Augenhöhe heißt erst mal, dass beide Perspektiven den gleichen Wert haben und es keine automatische Aufgabenzuteilung aufgrund des Geschlechts gibt. Nur weil ich eine Frau bin, kümmere ich mich nicht automatisch um den Haushalt. Oder nur weil ich ein Mann bin, gehe ich nicht automatisch mehr arbeiten und bin für den Vermögensaufbau zuständig. Das funktioniert nicht.
Auf Augenhöhe heißt für uns, dass beide Perspektiven den gleichen Wert haben.
-Marielle Schäfer
Mike Schäfer: Geldgespräche gelingen am besten, wenn man sie übt und mit kleinen Themen beginnt. Beispielsweise über das Taschengeld in der eigenen Kindheit. Von da aus kann man sich als Paar steigern: Was ist mir beim Umgang mit Geld wichtig? Was möchte ich in Zukunft erreichen? Dabei gibt es keine Musterlösung, die alle Paare kopieren können und schon ist es fair aufgeteilt. Es gibt aber einen Lösungsweg: Dieser beginnt stets bei den eigenen und gemeinsamen Bedürfnissen. Hat man als Paar ein gegenseitiges und gemeinsames Verständnis für diese Dinge aufgebaut, kann man nach einer gemeinsamen Lösung suchen.
Welche Faktoren sollten Paare einbeziehen, wenn es um die Suche nach einer gerechten finanziellen Aufteilung geht?
Marielle Schäfer: Alle Faktoren, die ihnen wichtig sind. Gehalt, Vermögen und Ausgaben fallen sofort ins Auge. Doch auch Dinge wie Arbeitsweg oder Nutzungsverhalten von teureren Dingen können entscheidend sein. Hinzu kommen Dinge, die in unserer Gesellschaft nichts kosten, aber dennoch einen Wert haben, wie die Care-Arbeit oder die Unterstützung, den nächsten Karriereschritt zu gehen oder sich fortzubilden. Zu sagen: „Ich habe das alles allein und ohne Hilfe erreicht.“, ist oft ein Trugschluss. Gerade bei langjährigen Beziehungen haben beide einen hohen Einfluss auf die Höhe des jeweils anderen Gehalts – das darf gerne berücksichtigt werden.
Gegen finanzielle Abhängigkeit in der Beziehung empfehlt ihr das Drei-Konten-Modell. Könnt ihr dieses genauer erklären?
Mike Schäfer: Mit jedem neuen Meilenstein in einer Beziehung wächst auch die Abhängigkeit. Das ist völlig normal und gehört dazu. Schwierig ist, wenn die Abhängigkeit ungleich verteilt ist. Beim Drei-Konten-Modell gibt es ein gemeinsames Konto für gemeinsame Ausgaben und jeweils ein eigenes Konto für sich selbst und den:die Partner:in.
Marielle Schäfer: Eigenes Geld steht für eigene Entscheidungen und damit für sehr viel Freiheit. Tätigt man Ausgaben, die dem Lieblingsmenschen nicht gefallen und man muss das jedes Mal vom gemeinsamen Geld kaufen, dann wird es hier jedes Mal Streit geben. Hat man eigenes Geld, trifft man selbst die Entscheidung und niemand hat mitzureden. Eigenes Geld wird auch dann sehr wichtig, wenn man sich trennen möchte. Wir wissen, dass viele Paare daran nicht denken wollen, doch auch in Österreich wird mehr als jede dritte Ehe wieder geschieden. Und das auch bei Menschen, die sich sehr bewusst dafür entschieden haben, ihr Leben miteinander zu verbringen.
Habt ihr persönliche Tipps, die ihr gerne früher gewusst hättet und anderen Paaren mit auf den Weg geben möchtet?
Mike Schäfer: Redet offen miteinander und sucht euch andere Paare, mit denen ihr ebenfalls offen über Geld sprechen könnt. Der Austausch ist der Schlüssel zu einer glücklichen, lang anhaltenden und erfolgreichen Beziehung. Habt dabei immer im Blick, euch erst zu verstehen und dann zusammen nach Lösungen zu suchen. Klappt das nicht, dann holt euch Hilfe, um es zu lernen.
ZUM NACHLESEN
„LOVE & MONEY“
von Marielle Schäfer und Mike Schäfer
dtv Verlag | ISBN: 978-3-423-35201-7 | € 13,40
das könnte dich auch interessieren
- Money on my Mind: Wenn Schulden zur Last werden
- Investieren für Anfänger:innen
- Mental Load: Die unsichtbare Last des Alltags
Mehr zur autorin dieses beitrags:
Tjara-Marie Boine ist Redakteurin für die Ressorts Business, Leben und Kultur. Ihr Herz schlägt für Katzen, Kaffee und Kuchen. Sie ist ein echter Bücherwurm und die erste Ansprechpartnerin im Team, wenn es um Themen wie Feminismus und Gleichberechtigung geht.