Wissenswertes zum Thema Karenz und Wiedereinstieg in den Job
Back to Business: Was es in der Karenz zu beachten gibt und wie die Rückkehr ins Berufsleben gelingt
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Wenn ein Kind da ist, dann stellt dies den Alltag der frisch gebackenen Eltern oftmals auf den Kopf. Denn mit der neuen Freude über die Elternschaft und das neue Familienmitglied, kommen auch viele neue Verantwortungen dazu – wie beispielsweise die Herausforderung, Beruf und Familie in den Einklang zu bringen.
Besonders Frauen trifft es hier meist hart – schließlich sind sie immer noch mehrheitlich der Elternteil, der in Elternkarenz geht. Laut einer Studie von Stepstone Österreich von März 2024 bedeutet das oftmals leider einen Karrierekiller für die Mütter: Nach der Rückkehr in den Job arbeitet nur noch die Hälfte der Frauen in gleicher Position weiter, während viele sogar eine Degradierung erleben.
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Wie also lässt sich dieses Problem umgehen? Wie können sich beide Eltenrnteile diese Zeit teilen, um sie möglichst gleichberechtigt aufzuteilen? Und welche rechtlichen Regeln muss man in der Karenz noch beachten? Wir haben uns mit dem Experten Daniel Heis von der Arbeiterkammer Tirol unterhalten, um Antworten auf diese und viele weitere Fragen zu finden.
Welche rechtlichen Grundlagen regeln die Elternteilzeit in Österreich und welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Anspruch darauf zu haben?
Daniel Heis: In Österreich basiert die Elternteilzeit auf dem Mutterschutzgesetz und dem Väter-Karenzgesetz. Diese ermöglichen es den Eltern, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und/oder die Lage ihrer Arbeitszeit zu ändern. Voraussetzung für den Anspruch auf Elternteilzeit ist, dass der Betrieb mehr als 20 Beschäftigte hat und man seit mindestens drei Jahren, inklusive Karenzzeiten, bei dem:der selben Arbeitgeber:in beschäftigt ist. Wichtig ist außerdem, dass der zweite Elternteil für dasselbe Kind nicht gleichzeitig in Karenz sein darf.
Wie kann die Arbeitszeit angepasst werden und wann muss der:die Arbeitgeber:in informiert werden?
Die Arbeitszeit muss um mindestens 20 Prozent reduziert werden, darf aber nicht unter zwölf Stunden pro Woche fallen. Die Elternteilzeit kann bis zum vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch genommen werden, wobei die maximale Dauer sieben Jahre beträgt, abzüglich der Karenzzeiten beider Elternteile und der Zeiten des Beschäftigungsverbots nach der Geburt. Grundsätzlich ist die Elternteilzeit spätestens drei Monate vor dem gewünschten Antrittszeitpunkt zu melden.
Der Kündigungs- und Entlassungsschutz beginnt mit der Meldung der Elternteilzeit, frühestens aber vier Monate vor dem Antrittszeitpunkt. Die Meldung der Elternteilzeit sollte daher zwischen dem dritten und vierten Monat vor dem gewünschten Antrittszeitpunkt erfolgen. Soll die Elternteilzeit direkt an das Beschäftigungsverbot anschließen, muss sie innerhalb dieses Zeitraums gemeldet werden.
Wie flexibel ist die Karenz und wie können Eltern sie untereinander optimal aufteilen?
Eltern von Kindern, die nach dem 01.11.2023 geboren sind, haben unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf Karenz bis zum Tag vor dem 2. Geburtstag des Kindes. Wie beispielsweise Situationen, in denen der zweite Elternteil mindestens zwei Monate Karenz in Anspruch nimmt, wenn man als Alleinerzieher:in gilt oder wenn ein Elternteil aus bestimmten Gründen wie Selbstständigkeit, Arbeitslosigkeit oder Studium keinen Karenzanspruch hat und der andere Elternteil seine Karenz frühestens zwei Monate nach dem Ende des Beschäftigungsverbots nach der Geburt beginnt. Sollten diese speziellen Bedingungen nicht erfüllt sein, endet der Karenzanspruch mit Ablauf des 22. Lebensmonats des Kindes.
Die Karenzzeit kann zwischen den Elternteilen maximal zweimal aufgeteilt werden, wobei jeder Abschnitt der Karenz mindestens zwei Monate lang sein muss. Interessant ist die Möglichkeit eines sogenannten „Überlappungsmonats“ beim ersten Wechsel der Betreuung zwischen den Elternteilen, bei dem beide Elternteile gleichzeitig einen Monat lang Karenz in Anspruch nehmen können.
Darüber hinaus steht Vätern, die mit dem Kind in einem gemeinsamen Haushalt leben, der einmonatige „Papamonat“ zu. Dieser dauert ein Monat und kann ab Entlassung aus dem Krankenhaus bis zum Ende des Beschäftigungsverbots der Mutter genommen werden. Um den „Papamonat“ zu beanspruchen, muss der Vater spätestens drei Monate vor dem errechneten Geburtstermin den voraussichtlichen Beginn und den Geburtstermin melden.
Nach der Geburt muss die Ankunft des Kindes unverzüglich gemeldet werden und der tatsächliche Antrittszeitpunkt des „Papamonats“ innerhalb einer Woche nach der Geburt bekanntgegeben werden. Während dieser Zeit besteht kein Anspruch auf Entgeltzahlung durch den:die Arbeitgeber:in, jedoch kann der Familienzeitbonus bezogen werden, der eine finanzielle Unterstützung während dieser freigestellten Zeit darstellt.
Wer beim Wiedereinstieg in den Job eine Degradierung erlebt, kann beim Arbeits- und Sozialgericht klagen.
Daniel Heis, AK Tirol
Gibt es Modelle, die eine gleichmäßige Aufteilung der Karenz fördern und welche Anreize gibt es speziell für Väter?
Ja, in Österreich gibt es verschiedene Modelle, die eine gleichmäßige Aufteilung der Karenz zwischen den Eltern fördern. Beispielsweise gibt es finanzielle Anreize, die eine gerechte Verteilung der Karenz unterstützen. Wenn beide Eltern etwa gleich lang Kinderbetreuungsgeld für dasselbe Kind beziehen, und zwar in einem Verhältnis von 50:50 bis 60:40 und jeweils für mindestens 124 Tage, dann haben sie Anspruch auf den Partnerschaftsbonus. Dieser Bonus beläuft sich auf einmalig 500 Euro für jeden Elternteil und soll die gemeinsame Verantwortungsübernahme für die Kinderbetreuung belohnen.
Ein weiterer Anreiz für Väter, in Karenz zu gehen, ist die Verlängerung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes. Dieses wird für 365 Tage ab der Geburt des Kindes gewährt, wobei der Anspruch während des Bezugs von Wochengeld ruht. Teilen sich jedoch beide Eltern das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld, so kann der Bezugszeitraum auf bis zu 426 Tage ab der Geburt des Kindes verlängert werden. Dieses Modell, bekannt als „12+2 Modell“, fördert es, dass beide Elternteile in Karenz gehen und somit die Betreuung des Kindes untereinander aufteilen können.
Die Karenz wird oft als „Karrierekiller“ für Frauen beschrieben. Laut einer aktuellen Studie von Stepstone Österreich vom März 2024 arbeitet nur noch die Hälfte der Mütter in gleicher Position weiter, wenn sie in den Job zurückkehren, viele erleben sogar eine Degradierung. Wie kann man diesem Problem entgegenwirken?
Um eine gleichmäßigere Aufteilung der Kinderbetreuungszeiten zu fördern, gibt es verschiedene Maßnahmen, wie zum Beispiel die gerade beschriebenen Modelle mit dem Partnerschaftsbonus. An sich verbietet das Gleichbehandlungsgesetz eine ungünstigere Behandlung aufgrund von Karenz oder Elternteilzeit gesetzlich. Sollte dennoch der Fall eintreten, dass man aufgrund der Elternzeit oder Karenz diskriminiert wird, kann man beim Arbeits- und Sozialgericht klagen und kann einen Antrag an die Gleichbehandlungskommission stellen – denn niemand sollte wegen der Elternschaft diskriminiert oder degradiert werden.
Welche Rechte haben Eltern nach der Rückkehr aus der Karenz und wie gelingt der Wiedereinstieg am besten?
Grundsätzlich empfiehlt es sich, mit dem Betrieb auch während der Karenz in Kontakt zu bleiben und die eigene Abteilung, den Betriebsrat oder das Personalbüro zu ersuchen, über wichtige Ereignisse – wie zum Beispiel bei Veranstaltungen – informiert zu werden. Zudem kann, sofern es mit der Kinderbetreuung vereinbar ist, während der Karenz eine geringfügige Beschäftigung mit dem:der Arbeitgeber:in vereinbart werden, ohne den Kündigungs- und Entlassungsschutz zu gefährden.
Nach der Karenz hat man außerdem Anspruch, mit der gleichen vertraglichen und tatsächlichen Verwendung weiterbeschäftigt zu werden. Vor dem Wiedereinstieg empfehle ich zudem, ungefähr vier Monate vor Ende der Karenz mit dem:der Arbeitgeber:in Kontakt aufzunehmen, um den Wiedereinstieg möglichst genau zu besprechen – das hat für Arbeitgeber:innen sowie auch für Arbeitnehmer:innen den Vorteil, Vorkehrungen für den Wiedereinstieg zu treffen.
An welche Stellen können sich Eltern wenden, wenn sie Fragen zur Aufteilung der Karenz haben?
Für Fragen von Betroffenen steht die AK Tirol natürlich jederzeit zur Verfügung, entweder persönlich oder telefonisch unter der Nummer 0800 / 22 55 22-1414. Auf der AK-Website finden sich auch Musterbriefe für die Meldung von Karenz, Elternteilzeit und Papamonat, die man sich ganz einfach herunterladen und verwenden kann.
AK-Webinar:
Baby on Board
Das kostenlose Webinar der AK Tirol für werdende Eltern informiert zu allen arbeits- und sozialrechtlichen Fragen: von Karenz, Elternteilzeit und Papamonat über Schwangerschaft und Beschäftigungsverbot bis zu Wochengeld, Kinderbetreuungsgeld und Familienzeitbonus.
Termine:
31. Juli, 30. September und 3. Dezember 2024
Anmeldungen per Mail: veranstaltung@ak-tirol.com
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MEHR ZUR AUTORIN DIESES BEITRAGS:
Tjara-Marie Boine ist Redakteurin für die Ressorts Business, Leben und Kultur. Ihr Herz schlägt für Katzen, Kaffee und Kuchen. Sie ist ein echter Bücherwurm und die erste Ansprechpartnerin im Team, wenn es um Themen wie Feminismus und Gleichberechtigung geht.